Muss man den Elektromotor neu denken? ESF-gefördertes Projekt verkürzt die Prototypentwicklung: weniger Werkzeuge und Testzyklen sind erforderlich durch 3D-Druck

Datum
15.09.2020

Die Entwicklung von Prototypen für Elektromotoren dauert bislang bis zu sieben Monate. Das vom ESF im Rahmen des Programms "EXIST-Forschungstransfer" geförderte Unternehmen Additive Drive hat eine Methode entwickelt, diesen Prozess deutlich zu beschleunigen und so die Elektromobilität insgesamt voranzutreiben.

Mehrere Personen in einer Halle
Teamfoto Additive Drives, v.l.n.r.: Philipp Arnold, Lasse Berling, Dr. Jakob Jung, Axel Helm © Additive Drives

Traditionell werden bei der Entwicklung von Elektromotoren komplizierte Werkzeuge für die Kupferdrahtwickelung für jeden Prototyp jeweils neu entwickelt, angefertigt und eingerichtet. Die Testzyklen bis zur Marktreife benötigen ebenfalls weitere Zeit. Das hinter Additive Drives - einer Ausgründung der TU Bergakademie Freiberg - stehende Team von Axel Helm, Dr. Jakob Jung, Lasse Berling und Philipp Arnold unter der Leitung von Prof. Dr. Henning Zeidler setzt auf ein neues Verfahren, um die Zeit für die Prototypentwicklung zu verkürzen.

Elektrospule
Hairpindesign - Wickeltechnologie findet vor allem im Automotive-Umfeld für Fahrantriebe (Traktionsantriebe) Anwendung © Additive Drives

Hauptbestandteil eines jeden Elektromotors ist die Kupferspule. Indem das Team von Additive Drives die Kupferspulen mittels 3D-Drucker direkt aus dem CAD-Daten des Konstrukteurs realisiert und auf diese Weise die Produktion vereinfacht, werden - anders als beim traditionellen Verfahren - keine zusätzlichen Werkzeuge mehr benötigt. Dies verkürzt maßgeblich die Fertigungszeiten, beschleunigt die Testzyklen und führt zur schnelleren Marktreife.

Soweit die Theorie. In der Praxis müssen aber die hohen Anforderungen der Anwender an die Elektromotoren erfüllt sein. Häufig kam es dann in der Vergangenheit zu Kompromissen bei der Leistung und dem Wirkungsgrad. Die Herstellung der Kupferspulen durch einen 3D-Drucker hat zur Folge, dass der Kupferanteil in den Motoren erhöht und damit die Wärmeverluste gesenkt sowie die thermische Ankopplung der Wicklung verbessert werden. Bei einer Anwendung für den Motorsport kam es zu einer Leistungssteigerung von 45 %.

Zeichnung eines Elektromotors
Räumlich voneinander getrennte Darstellung der Einzelteile eines Elektromotors für den Motorsport (mit Einzelspulendesign) © Additive Drives

Möglich wurde dies durch die Technik des sogenannten selektiven Laserschmelzens, das im 3D-Drucker mit dem für diese Anwendung optimierten Kupfer-Rohmaterial durchgeführt wird. Es hat sich gezeigt, dass nach dem International Annealed Copper Standard (IACS) eine elektrische Leitfähigkeit von 100 % erreicht wird - ein Standard, den jeder Elektromotor erreichen muss - und dass die einzelnen metallenen Komponenten im Motor extrem fest zusammenhalten. Das von Additive Drives entwickelte Verfahren erreicht somit die gleichen Ergebnisse wie bei der traditionellen Produktion aus Stahl, Aluminium oder Kupfer.

Das junge Unternehmen hat sich bereits am Markt etabliert und realisiert im Automotive-Bereich komplexe Prototypen für zukünftige Generationen von Elektrofahrzeugen. Kleinserien für High-Performance Anwendungen in weiteren Branchen werden ebenfalls umgesetzt. Additive Drives will in den nächsten Jahren deutlich wachsen und kräftig in Forschung und Entwicklung investieren.

Das ESF-Bundesprogramm "EXIST"

Ziel des ESF-Bundesprogramms "EXIST" ist es, das Gründungsklima an Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen zu verbessern. Darüber hinaus sollen die Anzahl und der Erfolg technologieorientierter und wissensbasierter Unternehmensgründungen erhöht werden. "EXIST" umfasst drei Förderprogrammlinien:

  • Mit "EXIST-Forschungstransfer" werden herausragende forschungsbasierte Gründungsvorhaben, die mit aufwändigen und risikoreichen Entwicklungsarbeiten verbunden sind, gefördert.
  • Das "EXIST-Gründerstipendium" unterstützt die Vorbereitung innovativer Existenzgründungen aus Hochschulen und Forschungseinrichtungen, insbesondere die Erstellung eines tragfähigen Businessplans und die Entwicklung marktfähiger Produkte und Dienstleistungen.
  • "EXIST-Gründungskultur" wird in Form eines Wettbewerbs "Die Gründerhochschule" durchgeführt. Ziel ist es, hochschulweite Gesamtstrategien zu entwickeln und diese umzusetzen, um eine Gründungskultur und mehr Unternehmergeist an Hochschulen zu etablieren. I. Im November 2018 ist mit der Richtlinie "EXIST-Potentiale" eine neue Wettbewerbsrunde in "EXIST-Gründungskultur" gestartet. "EXIST-Potentiale" wird ausschließlich vom Bund gefördert.

Weitere Informationen zum ESF-Förderprogramm "EXIST" finden Sie auf dem ESF-Webportal sowie auf der Programmwebsite des BMWi.

Auszug aus dem ESF-Newsletter