Fachtagung "Fachkräftesicherung für die Arbeitswelt der Zukunft"
- Datum
- 26.04.2019
"Fachkräftesicherung für die Arbeitswelt der Zukunft!" - unter diesem Motto fand am 27. Februar 2019 im Tagungswerk Berlin die Fachtagung zur Zwischenbilanz der ESF-Sozialpartnerrichtlinie "Fachkräfte sichern: weiter bilden und Gleichstellung fördern"statt.
Rund 200 Gäste folgten der Einladung, darunter Vertreterinnen und Vertreter aus den Projekten der Sozialpartnerrichtlinie, aus Ministerien, Verbänden und Gewerkschaften sowie Akteure aus dem Bereich Arbeitsmarkt und Fachkräftesicherung.

Mit der ESF-Sozialpartnerrichtlinie unterstützt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) die Anstrengungen der Sozialpartner und betrieblichen Akteure bei der Fachkräftesicherung und Anpassung an den demografischen und technologischen Wandel. Das Programm wurde in enger Abstimmung mit der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) und dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) entwickelt, begleitet und umgesetzt.

Die parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Anette Kramme, eröffnete die Fachtagung und betonte in Ihrem Grußwort positiv "Trotz zunehmender Digitalisierung und Automatisierung wird uns die Arbeit auch in Zukunft nicht ausgehen. Aber: Die Arbeit wird anders. Berufsprofile, Tätigkeiten und Qualifikationsanforderungen wandeln sich. Die ausgelösten Veränderungen bergen zugegebenermaßen viele Herausforderungen, aber vor allem auch Chancen." Sie forderte, dass Deutschland noch stärker als bisher zu einem Qualifizierungsland, zu einem Land des Lernens werden müsse. Hier setzen die Projekte der ESF-Sozialpartnerrichtlinie mit ihren vielfältigen Ansätzen bereits an und geben seit drei Jahren wertvolle Impulse. In der laufenden ESF-Förderperiode 2014-2020 sind im Rahmen der ESF-Sozialpartnerrichtlinie bisher rund 120 Projekte gestartet. Die bundesweit verorteten Vorhaben zielen auf den Ausbau nachhaltiger Weiterbildungsstrukturen in Unternehmen und auf die Verbesserung der gleichberechtigten Teilhabe von Frauen am Arbeitsmarkt.
Als Gründe für den Erfolg des Programms führte die Staatsekretärin aus: "Aus unserer Sicht ist der entscheidende Erfolgsfaktor der Richtlinie der konsequente Ansatz der Partnerschaft - von der Planung des Förderprogramms, über die strategische Begleitung durch die Steuerungsgruppe bis hin zur konkreten Umsetzung in den Betrieben."

In seinem Vortrag "Sozialer Dialog im Wandel - Weiterbildung und Gleichstellung in Partnerschaft fördern" betonte Egbert Holthuis, Leiter des Länderreferats D5 - Generaldirektion Beschäftigung, Soziales und Integration der Europäischen Kommission, dass ein gut funktionierender sozialer Dialog eine Voraussetzung für das einzigartige europäische Modell der sozialen Marktwirtschaft sei. Insbesondere in Zeiten eines tiefgreifenden Wandels der Gesellschaften und insbesondere der "Welt der Arbeit" sei es von entscheidender Bedeutung für unsere Gesellschaften und Volkswirtschaften, wie wir diesen Wandel gestalten.
Auf die Frage, was die europäischen Partnerländer vom Modell der deutschen ESF-Sozialpartnerrichtlinie lernen könnten, antworte Egbert Holthuis, dass das sozialpartnerschaftliche Modell aufgrund unterschiedlicher Rahmenbedingungen von anderen Ländern zwar nicht 1:1 übernommen werden könne, es jedoch als Vorbild aufzeige, wie mit Sozialpartnern Gesamtlösungen entwickelt werden könnten.

In einer ersten Podiumsrunde diskutierten Susanne Kretschmer und Ulrich Nordhaus von der Regiestelle "Fachkräfte sichern" gemeinsam mit den Gästen zu Anforderungen und Strategien, die sich vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und der Digitalisierung für den sozialpartnerschaftlichen Dialog ergeben.

Peter Clever, Mitglied der Hauptgeschäftsführung der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände betonte dabei, dass Bildung einer der wichtigsten Standortfaktoren sei. Gut am Programm sei, dass es beide Sozialpartner zusammenbringe. "Nur in dieser Kooperation werden wir in einer Gesellschaft rasanten Wandels Stabilität und Sicherheit erlangen: Wandel und Sicherheit sind kein Gegensatz." In diesem Sinne wäre es erforderlich, an der Einstellung von Menschen zu arbeiten, da der Wandel häufig mit Ängsten verbunden und negativ besetzt sei.

Wolfgang Husemann, Leiter der Gruppe "Europäische Fonds für Beschäftigung" im Bundesministerium für Arbeit und Soziales, hob hervor, dass die ESF-Sozialpartnerrichtlinie gekennzeichnet sei durch vertrauensvolle Kontinuität und die Experimentierfreude, neue Themen positiv anzugehen. So liefere die ESF-Sozialpartnerrichtlinie bereits jetzt praktische Beispiele, wie Arbeit 4.0 aussehen kann. Zudem betonte er den Anspruch des Europäischen Sozialfonds (ESF): "Der ESF ist das soziale Gesicht Europas. Er setzt sich ein für Gleichstellung und ein partnerschaftliches Europa. Jedes Projekt erzählt ein Stück Geschichte, der Geschichte des Zusammenhalts, Helfens, Forderns und Förderns."

Elke Hannack, stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes führte aus, dass es gerade in Klein- und Kleinstbetrieben noch Defizite in Punkto Weiterbildung gäbe, hier könne die ESF-Sozialpartnerrichtlinie weiterhelfen und Lösungen aufzeigen. Zum Beispiel müssten praxisnahe Qualifizierungsformen am Arbeitsplatz gefunden werden, die auch bei vollen Auftragsbüchern greifen können. Auch sie begrüßte eine Fortsetzung des Programms und betonte "Sozialpartnerschaft bewährt sich und ist ein Modell für Europa".
Die Zwischenbilanz zum Programm zeigt, dass betriebliche Weiterbildung dort gelingt, wo Führungskräfte und Personalverantwortliche und Betriebsräte und Beschäftigte miteinander kooperieren und Qualifizierung ein gemeinsames Ziel ist. Die gemeinsame Planung und Projektentwicklung fördert die Akzeptanz bei den Beschäftigten. Partizipation wird als Wertschätzung wahrgenommen und erhöht die Bereitschaft zur Teilnahme.
Die Sozialpartner werden in die Projekte eingebunden und spielen insbesondere für die Aktivierung und den Transfer eine entscheidende Rolle. In den vergangenen drei Jahren wurden bereits über 16.500 Beschäftigte in 1.800 Unternehmen erreicht, davon 1.300 kleine und mittlere Unternehmen. Dies übertrifft die Erwartungen deutlich.
Insgesamt 36 Tarifverträge und 31 Sozialpartnervereinbarungen befördern nach 3 Jahren Umsetzung die Richtlinie. 21 neue Sozialpartnervereinbarungen wurden explizit für die Richtlinie abgeschlossen, dies auch in Branchen wie Gesundheit und Pflege oder Handel, in denen aktuell keine Vereinbarungen zu Weiterbildung und Gleichstellung vorliegen - ein weiterer bemerkenswerter Erfolg der Initiative.
"Fachkräftesicherung für die Arbeitswelt der Zukunft" war nicht nur der Titel der Fachtagung, sondern auch der programmatische Ansatz, um die inhaltlichen Schwerpunkte der ESF-Sozialpartnerrichtlinie in vier Fachforen Revue passieren zu lassen und künftige Handlungsbedarfe aufzuzeigen.
Aus den Projektpräsentationen wie auch aus den Beiträgen der Referentinnen und Referenten kristallisierte sich eine deutliche Botschaft heraus: Die starke Einbindung der Sozialpartner in die Gestaltung des ESF und die Einbindung betrieblicher Akteure in die Umsetzung des Programms fördern nicht nur Nachhaltigkeit, sondern tragen dazu bei, Kompetenzbedarfe und Entwicklungstrends in den Branchen zu erkennen. Dabei hat sich das Partnerschaftsprinzip bewährt. Die Betriebsparteien, die Sozialpartner, sind die Branchenkenner. Sie wissen, welche Veränderungen in den Unternehmen, in der Wirtschaft und Arbeitswelt anstehen.
Mit der ESF-Sozialpartnerrichtlinie wurde somit ein geeignetes Instrument entwickelt, welches nicht nur die Weiterbildungskultur in Unternehmen unterstützt, sondern parallel dazu auch die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen fördert und neue Arbeitszeitmodelle erprobt. Damit flankiert das Programm die Initiativen des BMAS zur integrativen Gestaltung des Wandels der Arbeit, zur Fachkräftesicherung sowie zur Entwicklung einer nationalen Weiterbildungsstrategie.