Forschungsprojekt StahlAssist: Assistenzsysteme zur Bewältigung komplexer Arbeitssituationen in der Stahlindustrie

Datum
28.02.2019

Die Beschäftigten in der Instandhaltung von Maschinen und Anlagen in der Stahlindustrie müssen in komplexen Arbeitssituationen eine Vielzahl aktueller Prozessdaten der Anlagen auswerten. Dabei ist das Erfahrungswissen der Spezialistinnen und Spezialisten im Unternehmen und bei externen Dienstleistern für eine schnelle und sichere Bewältigung der Aufgabenstellung unverzichtbar. Für die Unterstützung der Beschäftigten sind Assistenzsysteme erforderlich, die das Fachwissen im Arbeitsprozess unmittelbar zur Verfügung stellen.

Erfahrungswissen identifizieren und erheben

Bevor das Wissen im Arbeitsprozess jedoch bedarfsgerecht bereitgestellt werden kann, muss es identifiziert und erhoben werden. "Hier setzt unser Projekt an. Wir begleiten die Ingenieure, Fachkräfte und Schichtmitarbeiter in ihren Arbeitsprozessen und identifizieren dort gemeinsam Situationen, in denen die Verfügbarkeit von Erfahrungswissen zur Prozessverbesserung beiträgt.", so Dr. Tina Haase, Verbundkoordinatorin des Projektes. "Wir betrachten den Prozess ganzheitlich: welches Wissen wird in der Situation benötigt, über welche Medien kann es am Arbeitsplatz sicher verfügbar gemacht werden und wie kann die Qualität dieses Vorgehens sichergestellt werden? Eine technische Lösung allein reicht hier nicht aus."

Besondere Herausforderungen im Projekt sind die Erhebung und der Transfer impliziten Wissens, das oft auch als Intuition oder Bauchgefühl beschrieben wird. "Wenn wir im Stahlwerk die Schichtmitarbeiter begleiten, fragen wir nach besonderen erlebten Situationen und wie sie diese bewältigt haben. Dann fangen die Kollegen an, Geschichten von ähnlichen Situationen zu erzählen. Diese enthalten wertvolles Erfahrungswissen, das so in der Regel nur in der Arbeitssituation abgerufen werden kann." erklärt Wilhelm Termath, Projektmitarbeiter der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg.

Über virtuelle Welten in die Arbeitssituation eintauchen

Im ESF-geförderten Projekt StahlAssist werden digitale Assistenzsysteme gestaltet, die die Arbeitssituation auch virtuell verfügbar machen und somit im Rahmen der Arbeitsvorbereitung, der Schichtübergabe oder des Wissensmanagements genutzt werden können, so z.B. im 360°-Projektionssystem Elbedome des Fraunhofer IFF (siehe Abb. 1) und über eine Virtual Reality-Brille (siehe Abb. 2).

360° Ansicht
Abb. 1: Begehung einer gasführenden Anlage im 360° Projektionssystem Elbedome © Fraunhofer IFF

Interdisziplinäres Konsortium

Die vielfältigen Anforderungen an die Gestaltung der Assistenzsysteme werden durch ein interdisziplinäres Konsortium bearbeitet. Die Entwicklung von Konzepten zur lernförderlichen Gestaltung (Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin), der belastungsoptimierte Einsatz von Assistenzsystemen (BIT - Berufsforschungs- und Beratungsinstitut für interdisziplinäre Technikgestaltung e.V.) sowie die Identifizierung, der Transfer und die technologiebasierte Aufbereitung von Erfahrungswissen (Universität Magdeburg, Fraunhofer IFF) sind die Kernthemen, die in enger Kooperation mit den Anwendungsunternehmen (Hüttenwerke Krupp Mannesmann GmbH, ThyssenKrupp Steel Europe AG, Wellmann Sicherheitstechnik GmbH & Co. KG und ISM Ingenieurbüro Kirschbaum) bearbeitet werden.

360° Ansicht
Abb. 2: Virtuelle Arbeitsplatzbegehung mit einer Virtual Reality-Brille © Fraunhofer IFF

Das Projekt StahlAssist wird im Rahmen des Programms "Zukunft der Arbeit" durch den Europäischen Sozialfonds und das Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Das Programm greift die Herausforderungen auf, die für Unternehmen (insbesondere KMU) und Menschen durch den Strukturwandel, Technisierung und zunehmende Globalisierung in der Arbeitswelt entstehen und lädt Unternehmen und Forschungseinrichtungen ein, mit innovativen Forschungsprojekten aktiv die Zukunft unserer Arbeitswelt mitzugestalten. Das Ziel des Programms ist, technologische und soziale Innovationen gleichermaßen voranzubringen. Dazu sollen neue Modelle der Qualifizierung, der Gesundheitsprävention, der Arbeitsgestaltung und -organisation in und mit Unternehmen entwickelt und pilothaft in die betriebliche Praxis überführt werden. Dabei liegt der Fokus besonders auf branchenübergreifenden und interdisziplinären Projekten.

Weiterführende Informationen zum Programm "Zukunft der Arbeit" finden Sie hier.