FUN - Attraktivere Arbeitsbedingungen in der Pflege

Datum
15.06.2021

Die Pflegebranche ist von vielschichtigen Herausforderungen gekennzeichnet: Während auf Grund demografischer Entwicklungen die Zahl Pflegebedürftiger weiter zunimmt, herrscht gleichzeitig Personalmangel. Das Projekt "FUN - Führung und Vereinbarkeit 4.0 in der Pflege", das seit Juni 2020 im Rahmen des ESF-Programms "Fachkräfte sichern: weiter bilden und Gleichstellung fördern" gefördert wird, setzt hier an und versucht über Qualifizierungen in teilnehmenden Pflegebetrieben attraktivere Arbeitsbedingungen zu schaffen. Durch die enge Einbindung der Sozialpartner Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste e.V. (bpa) und ver.di gelingt auch der Wissenstransfer von Projekterkenntnissen in sozialpartnerschaftliche Strukturen.

"In der Pflegebranche sind zu einem großen Anteil weibliche Fachkräfte tätig: Diese sind zusätzlich zu den Belastungen ihres Berufsalltags auch meist in einem stärkeren Umfang Belastungen des privaten Alltags, wie z. B. Pflege eines Angehörigen oder Kindererziehung, ausgesetzt" erläutert Ružica Drescher, Projektleiterin im Bildungswerk der Bayerischen Wirtschaft. Hinzu komme, dass es in vielen Pflegeeinrichtungen an Zeit und etablierten Prozessen für eine strukturierte und gendergerechte Personalentwicklung fehle. An diesen Stellschrauben setzt das Projekt "FUN - Führung und Vereinbarkeit Pflege 4.0" an: Über gezielte Qualifizierungen zu gesunder und gendergerechter Führung sollen Führungskräfte noch stärker für die Bedürfnisse der Pflegekräfte sensibilisiert und gemeinsam betriebsspezifische Lösungen entwickelt werden, um attraktivere Arbeitsbedingungen und eine stärkere Bindung der Mitarbeitenden zu erzielen.

Wie das konkret aussieht? Die Projektleiterin Ružica Drescher erläutert das dreistufige Konzept: "Die teilnehmenden Einrichtungen werden zunächst mit Hilfe eines Coaching-Konzepts bei allen Themen rund um Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Führung und Gesundheitsmanagement unterstützt. Anschließend wird unter Einbeziehung der Coaching-Ergebnisse ein Weiterbildungskonzept umgesetzt, das Seminare und Workshops zu den ermittelten Themen für Leitungskräfte und Fachkräfte beinhaltet. Am Ende des Projektes wird allen Pflegeeinrichtungen - auch über das Projekt hinaus - ein Instrumentenkoffer zur Verfügung gestellt, um eine nachhaltige Implementierung zu ermöglichen." Dank der Förderung durch das ESF-Programm sind die Projektqualifizierungen für die teilnehmenden Betriebe und Beschäftigten kostenfrei.

Neben der Förderung konkreter Qualifizierungsmaßnahmen liegt der besondere Schwerpunkt der Richtlinie "Fachkräfte sichern" auf der strukturellen Ebene: Betriebliche Strukturen zur Förderung von Weiterbildung, Gleichstellung und Personalentwicklung zu entwickeln und zu etablieren, Sozialpartner in die Projektdurchführung einzubinden, Transfer von Erkenntnissen zu den Themen Weiterbildung und betriebliche Gleichstellung in sozialpartnerschaftlichen und politischen Diskursen und Strukturen voranzutreiben. Dies sind die übergeordneten Ziele des ESF-Programms.

Im Falle des Projekts "FUN - Führung und Vereinbarkeit 4.0 in der Pflege" gibt es hier Erfreuliches zu vermelden: Im Rahmen der Konzertierten Aktion Pflege (KAP) hatten sich Bund, Länder und alle relevanten Akteure in der Pflege verbindlich auf Ziele und konkrete Maßnahmen für bessere Arbeitsbedingungen in der Pflege verständigt. Durch den regelmäßigen Austausch mit Sozialpartnern, insbesondere mit dem Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste e.V. (bpa), konnten Projekterkenntnisse des Trägers bbw in den beiden Abschnitten des Umsetzungsberichts der KAP "(2.2) Beruflich Pflegende (zurück-) gewinnen und halten" und "(2.5) Kompetente Führung und Etablierung einer Fehler- und Lernkultur in der Pflege" einfließen.

Aktuell drängt sich natürlich die Frage auf: Wie geht es einem Förderprojekt, das sich auf den Pflegesektor konzentriert, zurzeit - während der nun schon seit über einem Jahr andauernden Pandemie? Die Projektleiterin Ružica Drescher schildert die Herausforderungen und schließt mit einem dennoch optimistischen Blick in die Zukunft:
"Aufgrund der Pandemie und den Mehrbelastungen in den Einrichtungen sind die Themenbereiche unseres Projekts aktuell noch wichtiger. Durch die zusätzlichen Anforderungen stoßen die Fach- und Führungskräfte in den Einrichtungen an ihre Belastungsgrenzen. Dies führt zu hohen Fluktuations- und Krankheitsraten in den Einrichtungen. Deshalb ist es umso wichtiger, nachhaltige Konzepte zur gendergerechten und gesunden Führung anzubieten. Viele Einrichtungen wollen an dem Projekt teilnehmen und bestätigen uns den Bedarf, haben aber aufgrund der aktuellen Situation und dem damit verbundenen Personalmangel Schwierigkeiten, ihre Führungskräfte für die Seminare freizustellen. Zusätzlich ist der Digitalisierungsgrad in den Einrichtungen sehr unterschiedlich. Wir bieten im Rahmen unseres Seminarangebotes daher zusätzlich Lösungen für Einrichtungen mit einem niedrigen Digitalisierungsgrad an, um diese zu erreichen: Wir stellen zum Beispiel Räumlichkeiten sowie kostenlos Hard- und Software zur Verfügung, um den Teilnehmer*innen einen Zugang zu unseren digitalen Seminaren zu ermöglichen. Durch die bevorstehende Impfkampagne erhoffen wir eine Verbesserung der Personalsituation in den Pflegeeinrichtungen und damit eine erhöhte Teilnahme."

Mehr Infos zum Projekt "Fun - Führung und Vereinbarkeit 4.0" finden Sie auf der Projektwebsite sowie auf der Programmwebsite von "Fachkräfte sichern".

Kontakt Projektleitung:
ruzica.drescher@bbw.de

Die ESF-Sozialpartnerrichtlinie "Fachkräfte sichern: weiter bilden und Gleichstellung fördern"

Mit der ESF-Sozialpartnerrichtlinie "Fachkräfte sichern: weiter bilden und Gleichstellung fördern" unterstützt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales die Anstrengungen der Sozialpartner und betrieblichen Akteure bei der Fachkräftesicherung und Anpassung an den demografischen und technologischen Wandel. Das Programm wurde in enger Abstimmung mit der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) und dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) entwickelt, begleitet und umgesetzt. Über die direkte Arbeit in Betrieben und mit ihren Beschäftigten zielen die Projekte auf den Ausbau nachhaltiger Weiterbildungsstrukturen in Unternehmen und die Verbesserung der gleichberechtigten Teilhabe von Frauen am Arbeitsmarkt. Die Regiestelle "Fachkräfte sichern", eine Arbeitsgemeinschaft des Forschungsinstituts Betriebliche Bildung (f-bb) und des DGB Bildungswerks, begleitet die organisatorische und inhaltliche Umsetzung der Initiative.

Bis 2020 konnten über 34.650 Personen und 3.220 KMU unterstützt werden.

Weitere Informationen zum Programm "Fachkräfte sichern" finden Sie auch auf dem ESF-Programmportal sowie auf der Programmwebsite.

Kontakt zur Regiestelle "Fachkräfte sichern":
info@regiestelle-fachkraefte-sichern.de

Auszug aus dem ESF-Newsletter