"Walzing Workcamp" - "mach Grün!" geht auf die Walz

Datum
19.10.2021

Wandern und unterwegs sägen, schrauben, bauen oder im Wald arbeiten: Beim "Walzing Workcamp" des ESF-geförderten Projekts "mach grün! - Zukunft in deiner Hand" "erwanderte" eine Gruppe von Jugendlichen zwischen 14 und 17 Jahren vom 2. bis zum 8. August auf den Wegen von Waldbröl ins Windecker Ländchen bis an die Sieg traditionelle Handwerksberufe und nachhaltig arbeitende Betriebe.

"Maler ist der geilste Beruf der Welt, nicht wahr, Laura?" fragt Maler Hensel von der Firma F.Bondke seine Azubi und will damit nicht nur Laura an ihrem ersten Ausbildungstag, sondern auch die Jugendlichen im "mach Grün!-Workcamp" für sein Metier begeistern. Sie alle sind gerade schwer beschäftigt mit Abschmirgeln, Abkleben, Farbe aufrühren und Pinseln.
Getroffen hat man sich im Waldbröler Netzwerkgarten, einem Ort, wo scheinbar ein Stückchen vom Paradies vom Himmel auf die Erde zwischen Stadtbücherei und KFZ-Zulassungsstelle gefallen ist. Dass sich die Waldbröler hier zwischen üppig bepflanzten Hochbeeten, Lehmbackofen und Hexenhäuschen auf Palettenbänken ausruhen können, haben sie u.a. auch den früheren "mach Grün!-Workcamps" zu verdanken, wie Projektleiterin Leni Mauelshagen (VSB) feststellt. Nun braucht das Hexenhäuschen einen neuen Anstrich, die Info-Tafel ebenfalls und etliche Zaunbretter müssen durch neue ersetzt werden.

Jugendliche beim Werken
Amira, Sina und Ahmed sorgen bei der Infotafel im Waldbröler Netzwerkgarten für einen frischen Anstrich. © Leni Mauelshagen

Auf Wunsch der Ehrenamtslotsinnen Jutta Ramackers und Astrid Marcinkowski von "Weitblick" (Ehrenamtsinitiative des Oberbergischen Kreises) schrauben die Jugendlichen zusammen mit Michael Thielen (VSB) aus Holzbalken ein Gerüst zusammen. Erst als ein Wasserkanister und ein Stück Seife herabbaumeln, wird die Funktion erkennbar: Den Kanister kann man mit einem Fußpedal zur Neigung bringen, wodurch sich ein dünner Wasserstrahl ergießt, und sich so die schmutzigen Hände waschen!

Der Netzwerkgarten ist die erste Station des diesjährigen "mach Grün!-Sommerferiencamps" in Form eines "Walzing Workcamp". Ziel der Aktion ist es, zwischen Waldbröl und Windeck handwerkliche Arbeiten zum Nutzen der Allgemeinheit auszuführen und dabei die Welt der Arbeit und insbesondere die des Handwerks kennenzulernen. Berufliche Bildung für nachhaltige Entwicklung steht auf dem Programm, das vom Europäischen Sozialfonds und vom Bundesumweltministerium gefördert wird, sodass die Teilnahme für die Jugendlichen kostenlos ist. In Nordrhein-Westfalen realisiert das "mach Grün!"-Team von VSB und GTC-Gummersbach verschiedene thematische Workcamps und Aktionstage.

Für das leibliche Wohl sorgt Miriam Hardt (VSB), die den Lehmbackofen und den Grill anfeuert, um die fleißigen Handwerker*innen mit selbstgebackenen Brötchen, Schüttelbutter, Gemüsespießen und Grillwürstchen zu verwöhnen.

Am späten Nachmittag gehen die acht Mädchen und acht Jungen, die aus dem Oberbergischen, dem Landkreis Altenkirchen, dem Rhein-Sieg-Kreis sowie aus Bonn und Moers stammen, zu Fuß zur Jugendherberge Panarbora. Das Wandern ist nämlich an allen Tagen Programm im "Walzing Workcamp". Man macht es den Handwerksburschen früherer Zeiten nach, die "auf die Walz" gingen, um immer wieder etwas Neues im Handwerk kennenzulernen.

Jugendliche beim Wandern
Dem sterbenden Wald zwischen Sieg und Bröl kommen die Jugendlichen beim Wandern ganz nah. © Leni Mauelshagen

Andere Berufe kennenzulernen, die eigentlich nicht mehr "männerdominiert" sein sollten, ist ein besonderes Anliegen der "mach Grün!-Camps". Am Lagerfeuer im Panarbora-Hüttendorf erzählt Goldschmiedemeisterin Ina Zapp von ihrem beruflichen Werdegang, ihrer Ausbildung und der anschließenden "Wanderschaft" durch verschiedene Betriebe im In- und Ausland, von ihrer Leidenschaft fürs Handwerk, von den körperlichen Anstrengungen und den geschäftlichen Risiken. Mehr Nachhaltigkeit, keine Kinder- und Sklavenarbeit in den Edelmetallminen, ressourcen- und umweltschonende Arbeitsverfahren bei der Schmuckherstellung und ein verantwortliches Konsumverhalten der Kunden - in diesen Bereichen etwas zu erreichen, macht die Arbeit in ihrer Branche auch in Zukunft spannend und für Ausbildungssuchende attraktiv.

Christin Günther und Hannah Pracht besuchen die Workcamp-Gruppe ebenfalls am Lagerfeuer: Beide haben Forstwirtschaft studiert und wollen einmal ein Forstrevier leiten - gar nicht mehr so ungewöhnlich für Frauen, sagen die Berufseinsteigerinnen. Zurzeit arbeiten sie beim Regionalforstamt Bergisches Land in der Abteilung für Borkenkäferberatung. Die Folgen des Klimawandels sind für die Forstwirtschaft eklatant und die beiden Berufsanfängerinnen verstehen es, den Jugendlichen die Bedeutsamkeit ihres Berufsstandes in der jetzigen Krise klar zu machen. Gut zu wissen, dass es in der Region Ausbildungsplätze in der Forstwirtschaft gibt!

Nachdem am zweiten Arbeitstag der Panarbora-Park erkundet und im Netzwerkgarten alle Restarbeiten erledigt sind, "walzen" die Workcamper auf einsamen Waldpfaden ins Windecker Ländchen. Die abgestorbenen und zum Teil abgeholzten Fichtenbestände auf weiten Flächen des Nutscheid-Staatsforstes werden von einigen durchaus als Katastrophe wahrgenommen, die dazu anspornt, etwas für die Wiederbewaldung beitragen zu wollen.

Nach den ersten neun Kilometern über Stock und Stein macht sich die hungrige Gruppe über das Picknick im Schatten der Burgruine Windeck her und übt sich anschließend beim LUXPAW Bogensportverein im Bogenschießen. Dabei erzählt Michael Thielen gerne über das Herstellen von Bogen und Pfeilen als Nischenhandwerk für ambitionierte "Holzwürmer".

Jugendliche beim Bogenschießen
Die Wandernden machen Rast bei Luxpaw e.V. und spannen den Bogen. © Leni Mauelshagen

Nach weiteren vier Kilometern endet die Wanderschaft am Siegufer in Wilberhofen bei der Firma Yellotools. Inhaber Michael Althoff kann sich mit den hier produzierten Spezialwerkzeugen für Werbetechniker auf dem Weltmarkt behaupten und hat seine Freude daran, den Jugendlichen die Werkstätten, Lager und Büros zu zeigen und mindestens sechs Ausbildungsberufe zu präsentieren. Auch bei Yellotools geht die Entwicklung hin zu CO2-Einsparung, Ressourcen- und Umweltschutz, zu weniger Abfall und zu mehr Recycling, zu weniger Verschwendung und zu mehr Verantwortung. Hier ein Praktikum und eventuell eine Ausbildung zu machen, finden mehrere Jugendliche gut.

Um die Waldjugendherberge in Rosbach/Sieg pünktlich zum Abendessen zu erreichen, erlaubt sich die Gruppe eine kurze Fahrt mit der S-Bahn, um dann die restlichen anderthalb Kilometer hinauf zur Unterkunft zu wandern.

In Zeiten des Waldsterbens einen "KultURwald" anzulegen, also einem Zukunftswald aus zertifizierten Laubbaumsorten zum Wachsen zu verhelfen, mit Hilfe von Sponsoren - diesen Plan verfolgt die Kulturinitiative Windeck (KIWi). Unterstützt vom stellvertretenden Bürgermeister Thomas Becher hat man damit begonnen, ein abgeholztes Gemeindegrundstück neu zu bepflanzen. Wären da nicht die vielen hungrigen Rehe! Die kleinen Pflänzchen vor Wildverbiss zu schützen, indem das Waldstück durch ein Wildgatter eingezäunt wird, ist eine Arbeit, die die Jugendlichen im Walzing Workcamp gerne übernehmen.

Der Arbeitstag beginnt mit einem längeren Fußmarsch auf einem abenteuerlichen Abschnitt des Siegsteigs. Aber der Weg ist nicht das Ziel. Am Rande einer von Brombeeren und Farn überwucherten Fläche warten mehrere Stapel alter Bretter vom Windecker Bauhof sowie Holzabfälle aus dem Sägewerk darauf, dass die Jugendlichen daraus einen zwei Meter hohen und ca. 200 Meter langen Wildschutzzaun bauen, der mitten durchs Gebüsch und steil hinunter bis zum Gierzhagener Bach reicht.

Michael Thielen und Leni Mauelshagen von VSB sowie Susanne Roll und Julia Flick von GTC leiten und packen mit an, und die Jungen und Mädchen werden im Laufe des Arbeitstages immer routinierter im Umgang mit Säge und Akkuschrauber. In kleinen Teams werden die Bretter zu einzelnen Gattern zusammengebaut, aufgestellt und miteinander befestigt.

Jugendliche bauen einen Zaun
Die Einen messen und sägen, die Anderen schrauben und stellen ihn auf: einen Wildschutzzaun, damit die Bäumchen im Zukunftswald eine Chance haben. © Leni Mauelshagen

"Immer im selben Rhythmus kamen wir in den richtigen Flow. Wir haben wie am Fließband gearbeitet" stellt Nina R. stolz fest. Die Ehrenamtlichen von KIWi sind begeistert über so viel Tatkraft und spendieren gerne zur Mittagspause mehrere Familienpizzen. Nach einem langen, anstrengenden Arbeitstag am Lagerfeuer sitzen und klönen, auf der Wiese mit dem Ball kicken oder Line-Dance üben - so vergeht der Abschlussabend an der Jugendherberge Rosbach. Da ist das Wetter noch gut.

Dass es am letzten Tag wie aus Eimern gießt, macht den Fußmarsch zum Waldstück nicht gerade angenehm. Wie gut, dass der Zaun bereits fertig gestellt ist und nur aufgeräumt werden muss! KIWi hat alles für eine Pressekonferenz für die eingeladenen Zeitungsreporter vorbereitet, lobt die Anstrengung und die beeindruckende Arbeitsleistung der Workcamper und sagt "Danke" genauso wie Thomas Becher im Namen der Gemeinde Windeck. "Ihr habt euch ins Geschichtsbuch der Gemeinde Windeck gearbeitet" fügt er hinzu.

Ein Gruppenfoto
Geschafft! Die Zufriedenheit über den Schutzzaun ist groß bei der Kulturinitiative Windeck und bei den Jugendlichen von "mach Grün!". © Frank Christgen/Kulturinitiative Windeck

Die Füße in den durchgeweichten Schuhen sind nass. Hilft aber nichts, denn eine letzte Wandertour zum Bahnhof in Schladern müssen die Worktrotters noch schaffen.
Ein letztes Mal gemeinsam zu Mittag essen, die Arbeitswoche Revue passieren lassen und sich dann verabschieden - so geht das "mach Grün!-Sommercamp" 2021 zu Ende. Wer sich wiedersehen will, verabredet sich, zum Nachtreffen zu kommen oder zum Herbstferiencamp oder zum Osterferiencamp oder zum Sommerferiencamp 2022, wenn es wieder heißt "mach Grün! geht auf die Walz".

Weitere Informationen zum Projekt "mach Grün! Zukunft in Deiner Hand" finden Sie hier.

Kontakt:
Leni Mauelshagen, VSB gGmbH
Industriestr. 5
51545 Waldbröl
l.mauelshagen@vsb-ggmbh.com
Tel. 02291 9264114

Melanie Schuster, GTC-Gummersbach GmbH
Bunsenstr. 5
51647 Gummersbach
gruendung@gtc-gm.de
Tel. 02261 814509

Das ESF-Bundesprogramm "Berufsbildung für nachhaltige Entwicklung befördern. Über grüne Schlüsselkompetenzen zu klima- und ressourcenschonendem Handeln im Beruf - BBNE"

Das Projekt "mach Grün! Zukunft in Deiner Hand" wird im Rahmen des ESF-Bundesprogramms "Berufsbildung für nachhaltige Entwicklung befördern. Über grüne Schlüsselkompetenzen zu klima- und ressourcenschonendem Handeln im Beruf - BBNE" durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit und den Europäischen Sozialfonds gefördert. Wer im beruflichen Alltag im Sinne nachhaltiger Entwicklung handeln möchte, braucht entsprechende Kompetenzen, Fertigkeiten und Wissen. Für dieses "Greening" der Berufe beziehungsweise der Arbeitswelt sensibilisiert das Programm "BBNE". Fördergelder werden für Projekte bereitgestellt, die in der zweiten Förderrunde mit den zwei Formaten Workcamps und Schulungsmodule es ermöglichen, in verschiedene Berufe hinein zu schnuppern, und zeigen, wie nachhaltiges Handeln im beruflichen Alltag möglich ist.

Weitere Informationen zum Förderprogramm "BBNE" finden Sie auf dem ESF-Portal.

Auszug aus dem ESF-Newsletter