Bilanz und Perspektiven aus 10 Jahren Elternbegleitung

Datum
17.02.2022

Über das Bundesprogramm "Elternchance ist Kinderchance" (2011 - 2015) und das ESF-Bundesprogramm "Elternchance II - Familien früh für Bildung gewinnen" (2015 - 2021) wurden bundesweit über 14.500 (früh-)pädagogische Fachkräfte zu Elternbegleiter*innen qualifiziert. Sie stehen heute unter anderem in Kitas, Familienbildungsstätten, Mehrgenerationenhäusern oder Grundschulen den Eltern als Vertrauenspersonen in allen Belangen der Bildung und Erziehung im Familienalltag vor Ort zur Seite.

Elternbegleitung ist ein präventives Angebot der Familienbildung und zielt auf die Stärkung der Familie als zentralem Ort für die Bildung und Förderung der Kinder ab.

Durch beide Programme konnten Fachkräfte aus familienbildenden Bereichen in modular aufgebauten Qualifizierungskursen ihre Kenntnisse und Kompetenzen erweitern, z.B. zu Themen wie

  • Gestaltung eines alltagsförderlichen Klimas in der Familie,
  • Bildungsverläufe und -übergänge,
  • Wissen über geeignete Zugänge zu benachteiligten Eltern,
  • wertschätzende Kommunikation "auf Augenhöhe",
  • partnerschaftliche Verantwortung der Eltern oder
  • Vernetzung mit anderen Einrichtungen des Sozialraums, d.h. des räumlichen und sozialen Lebensumfelds.

Wer sind die bundesweit über 14.500 Elternbegleiter*innen?

  • 95 % der an der Qualifizierung teilnehmenden Personen sind Frauen.
  • Gut 11 % der qualifizierten Teilnehmenden gaben an, einen Migrationshintergrund zu haben.
  • 85 % arbeiten mit oder in Kitas bzw. Kitas mit Familienzentrum. Im Weiteren verteilen sich die Fachkräfte auf Einrichtungen wie z.B. Familienbildungsstätten, Familienzentren (ohne Kita), Mehrgenerationenhäuser, Eltern-Kind-Zentren, Elternschulen, Grundschulen und Horte.

Elternbegleitung wirkt!

Dass Elternbegleitung wirkt, ist durch die wissenschaftliche Begleitung der Bundesprogramme während der Programmlaufzeiten der letzten 10 Jahre belegt. Die Ergebnisse unterstreichen die positiven Auswirkungen einer aktiven Bildungsbegleitung von Familien einerseits und verweisen auf hohe Zufriedenheitswerte der Fachkräfte mit der Qualifizierung andererseits. Es zeigt sich, dass diese die Qualität der Zusammenarbeit mit Eltern deutlich steigert und eine sehr hohe Praxisrelevanz besitzt.

So haben Angebote zur Bildungsbegleitung nach einer im Auftrag des Bundesfamilienministeriums durchgeführten Studie in den letzten fünf Jahren einen höheren Stellenwert in familienbildenden Einrichtungen erfahren. Zugleich wird die unverzichtbare Rolle der Familienbildung und Familienberatung zur Stärkung der Familien deutlich. Elternbegleitung ist inzwischen in vielen Kommunen "angekommen".

Auch längerfristige familien- und bildungspolitische Wirkungen der beiden Bundesprogramme sind vor allem auf den folgenden drei Ebenen sichtbar:

  1. Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Eltern gilt inzwischen als übergreifendes Qualitätsmerkmal früher Förderung und Bildung. Die Relevanz von vertrauensvollen Beziehungen zwischen Fachkräften und Eltern ist nicht nur eine zentrale Leitidee der Familienbildung, sondern auch selbstverständlicher Grundgedanke der Einrichtungen im Bereich frühkindlicher Betreuung, Bildung und Erziehung. Die an Bedeutung gewinnende Philosophie der Erziehungs- und Bildungspartnerschaften und eines kooperativen Miteinanders "auf Augenhöhe" belegen dies eindrücklich.
  2. Bildung ist zudem ein deutlich wichtigeres Thema in der Familienförderung geworden. Eltern werden daher dabei begleitet, die Bildungsverläufe ihrer Kinder zu unterstützen und Entwicklungsprozesse so gut wie möglich zu fördern. Bildung wird dabei nicht länger ausschließlich als formale Bildung verstanden. Vielmehr stehen die Alltagsbildung von Kindern im Mittelpunkt sowie ein informelles Lernen, das beiläufig sowie zeit- und ortsungebunden erfolgt.
  3. Bildung hängt als Thema stets auch mit Bildungschancen zusammen. Diese Chancen realisieren zu können, ist für Kinder eng mit einer frühen Förderung verknüpft. Diese Erkenntnis haben wissenschaftliche Befunde untermauert: Programme für die frühe Bildung sind im Sinne einer positiven Kosten-Nutzen-Bilanz für die Kinder selbst, aber auch für die Gesellschaft, in der sie aufwachsen, sehr sinnvolle Investitionen, weil sie präventiv ansetzen. Auch für die Elternbegleitung wurde diese hohe Effizienz aufgezeigt. Hiervon können insbesondere Familien profitieren, die einen erschwerten Zugang zum Bildungssystem haben und Benachteiligungen erfahren.

Wer wird durch Elternbegleitung erreicht?

Den höchsten zeitlichen Anteil verwenden die Fachkräfte für die Arbeit mit Familien mit Migrationshintergrund (51 Prozent der Befragten bezeichneten den Anteil als "sehr hoch" oder "eher hoch"), gefolgt von bildungsfernen Familien (45 Prozent "sehr hoch" oder "eher hoch") und einkommensarmen Familien (43 Prozent "sehr hoch" oder "eher hoch"). Bei diesen Fragen waren Mehrfach-Nennungen möglich. Auch die Zielgruppe der Paare wird gut erreicht (52 Prozent "sehr hoch" oder "eher hoch").

Insgesamt lassen sich zahlreiche positive Effekte für Familien durch Elternbegleitung aufzeigen. Auch während der Corona-Pandemie 2020 wurden vielfältige Angebote und Formate von Fachkräften in den unterschiedlichsten Kontexten entwickelt, um Familien gut weiter zu begleiten. Elternbegleitung wirkt weiter, wenn Fachkräfte der Familienbildung als Elternbegleiter*innen in ihrem Wirkkreis in Vernetzung mit den institutionellen Verantwortungsträgern vor Ort weiterhin Unterstützung erfahren - finanzielle und zeitliche Ressourcen sind hierfür unerlässlich.

Ein Abschlussreport gibt einen Überblick zur Elternbegleitung in den beiden Bundesprogrammen: Von der Bedeutung der Elternbegleitung und dem Mehrwert in der Familienförderung, über die Ergebnisse aus dem Monitoring bis zur Sicht aus der Wissenschaft - und natürlich die Erfahrungen der Qualifizierungsträger, Dozentinnen und Dozenten sowie die Umsetzung durch die Elternbegleiter*innen selbst.

Darüber hinaus wurde das Chartbook "Bilanz und Perspektiven aus 10 Jahren Elternbegleitung 2011 - 2021" aktualisiert.

Das Programm "Elternchance II - Familien früh für Bildung gewinnen"

Das Programm "Elternchance II - Familien früh für Bildung gewinnen" wurde aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) und des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) gefördert. Es richtete sich an (früh-)pädagogische Fachkräfte aus dem Arbeitsfeld der Familienbildung und aus Institutionen der frühkindlichen Betreuung, Bildung und Erziehung. Mit der modular angelegten beruflichen Fortbildung zum*zur Elternbegleiter*in erweiterten die Fachkräfte ihre Kompetenzen für die Beratung von Eltern und Familien zu Prozessen frühkindlicher Bildung und der Begleitung der Bildungswege bzw. -übergänge ihrer Kinder. Als qualifizierte Elternbegleiter*innen förderten sie die Zusammenarbeit von Bildungs- und Betreuungseinrichtungen mit Familien, z. B. in der Kita, im Familienzentrum, im Mehrgenerationenhaus oder in der Schule. Besonders profitierten davon Familien in benachteiligten Lebenslagen.

Das BMFSFJ setzte mit dem ESF-Bundesprogramm auf die präventive Wirkung von Familienbildung und leistete einen Beitrag zum Wohlergehen der Familien sowie zur Verringerung von Chancenungleichheit, Armutsrisiko und sozialer Exklusion.

Mehr Informationen zum ESF-Bundesprogramm "Elternchance II" finden Sie auf dem ESF-Webportal sowie auf der Programmwebsite.

Auszug aus dem ESF-Newsletter