Was bedeutet Nachhaltigkeit für den Gartenbau?
- Datum
- 15.08.2024
Das ESF Plus-geförderte Projekt "Qualifizierung gartenbaulicher Fachkräfte sichern" ("QUAGA") entwickelt und erprobt seit dem 1. April 2023 Bildungsmanuals zur systematischen Weiterbildung von Fachkräften aus dem Gartenbau. Seinen Fokus legt es dabei auf das Themenfeld Nachhaltigkeit.
Dabei stellten sich dem Projekt anfangs zwei Herausforderungen: Zum einen galt es zu eruieren, in welchen Themen des gartenbaulichen Betriebsalltags der Begriff "Nachhaltigkeit" relevant ist und diesen adäquat anzuwenden. Zum anderen besteht der Gartenbau aus vielen Bereichen - vom Obstanbau bis zu Friedhofsgärtnereien, für die gemeinsame thematische Nenner zu identifizieren sind. Daher wurde eine umfassende Bedarfsanalyse durchgeführt, um die relevanten Themenfelder der ökologischen, ökonomischen sowie sozialen Nachhaltigkeit für den Gartenbau herauszuarbeiten.
Bedarfsanalyse als Auftakt
Mithilfe der fachlichen Expertise von Dozent*innen, Inhaber*innen von Gartenbaubetrieben und Fachverbandsakteuren aus der Branche wurde ein Befragungsinstrument entwickelt. Um möglichst viele Betriebe einzubeziehen, wurde ein Kurzfragebogen digital zur Verfügung gestellt und über die Landesverbände an die Betriebe weitergeleitet. Der Fragebogen enthielt Aussagen zur ökologischen, ökonomischen und sozialen Nachhaltigkeit.
Von Juli bis September 2023 nahmen 655 Betriebe an der Befragung teil, davon schlossen 236 den Fragebogen vollständig ab. 65 Betriebe, also rund 10% der befragten Unternehmen, haben auf freiwilliger Basis ihre vollständigen Kontaktdaten hinterlassen und um Kontaktaufnahme sowie weitere Informationen zum Projekt gebeten.
Ergebnisse der Bedarfsanalyse
Die Ergebnisse der Befragung zeigen, dass im Hinblick auf die ökologische Nachhaltigkeit vor allem das Recycling von Verpackungsmaterialien (56 %) und die Reduzierung von Kunstoffen (52%) im Gartenbau eine Rolle spielen. Außerdem setzen die Betriebe vermehrt auf die regionale Vermarktung der angebauten Produkte (50 %). Ebenfalls wichtig erachten sie den Anbau standortgerechter Pflanzen (39 %) sowie die Schaffung von Diversitätsecken (36 %).
Ökonomische Nachhaltigkeit sehen die Betriebe am ehesten durch die regionale Vermarktung (49 %) sowie kurze Lieferwege (46 %) umgesetzt. Hinzu kommt der verstärkte Einsatz von akku-betriebenen Geräten (39 %). Daneben sind diverse Energiesparmöglichkeiten bedeutsam: So setzen 56 % der Betriebe Energieschirme ein, 50 % dichten Gewächshäuser ab und 44 % belegen die Gewächshäuser bewusst mit Kulturen.
Gute Führung, der Umgang mit Konflikten sowie betrieblicher Arbeits- und Gesundheitsschutz sind die wesentlichen Aspekte der sozialen Nachhaltigkeit. In diesem Kontext kristallisierten sich in der Befragung die Themen Wertschätzung (74%) und Mitarbeiterbindung durch flexible Arbeitszeitmodelle (53%) als besonders wichtig heraus.
Entwicklung von bedarfsgerechten Weiterbildungsangeboten
Die Ergebnisse zeigen verschiedene Themen, bei denen die Unternehmen Handlungsbedarfe sehen. Diese sind (in der Reihenfolge der meisten Nennungen) die Grundlagen der Nachhaltigkeit, integrierter Pflanzenschutz, Düngung, Beregnung/Wassernutzung sowie Führung und Gesunderhaltung. Um diesen Bedarfen zu entsprechen, wurden gemeinsam mit den Projektlotsen und Branchenexpert*innen zwei Bildungsmanuals konzipiert: "Basics Nachhaltigkeit im Gartenbau" sowie "Soziale Nachhaltigkeit im Gartenbau". Als weiterer Baustein ist eine Fortbildung zu der Frage geplant, wie das Thema (ökologische) Nachhaltigkeit strategisch im Kundengespräch platziert werden kann. Ein nachhaltiges Verkaufsgespräch fokussiert z.B. auf die Balkonbepflanzung mit bienenfreundlichen Pflanzen oder berät bei der Anlage von Gärten zur Auswahl von Pflanzen, die besser mit Extremwetterbedingungen umgehen können.
Die als Pilot durchgeführten, ein- bis zweitägigen Fortbildungen umfassen Präsenzunterricht sowie moderierte Online-Nachbegleitung und werden im gesamten Projektgebiet für Fachkräfte im Gartenbau angeboten. Die Kursangebote werden zentral auf dem Portal "Hortigate" , einem Informationssystem für den professionellen Gartenbau, veröffentlicht.
Die ESF-Sozialpartnerrichtlinie "Wandel der Arbeit sozialpartnerschaftlich gestalten: weiter bilden und Gleichstellung fördern"
Die ESF-Sozialpartnerrichtlinie "Wandel der Arbeit sozialpartnerschaftlich gestalten: weiter bilden und Gleichstellung fördern" zielt darauf ab, nachhaltige und Teilhabe fördernde Strukturen zur Personalentwicklung und Weiterbildung aufzubauen und neue Arbeitsformen und Arbeitszeitmodelle zu erproben. Des Weiteren geht es darum, eine qualifikationsgerechte und existenzsichernde Erwerbsbeteiligung von Frauen zu erhöhen sowie die Weiterbildungsbeteiligung in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) und von bisher benachteiligten Menschen zu stärken.
Die Richtlinie ist eine gemeinsame Initiative des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, der Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände und des Deutschen Gewerkschaftsbundes und wird in enger Abstimmung mit den Partnern entwickelt und umgesetzt. Sie ist das Nachfolgeprogramm des ESF-Programms "Fachkräfte sichern: weiter bilden und Gleichstellung fördern" aus der ESF-Förderperiode 2014-2020. Sie wird über den Europäischen Sozialfonds Plus (ESF Plus) von der Europäischen Union und dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales gefördert.
Weiterführende Informationen finden Sie auf der Programmwebsite sowie auf dem ESF-Webportal.