Nach der Qualifizierung winkt die Festanstellung: Ein besonderes ESF-Projekt in einem sozialen Unternehmen

Datum
30.07.2018

"Wir haben eine Warteliste", erzählt Heike Birkhölzer, eine der beiden Geschäftsführerinnen der Graefewirtschaft Berlin. Das ESF-Projekt der Graefewirtschaft "Festanstellung, Integration und Training im sozialen Unternehmen - SoFIT" ist unglaublich beliebt. Das Projekt richtet sich vor allem an Frauen und Männer mit Migrationshintergrund, die zwischen 18 bis 35 Jahren alt sind und keinen Schul- oder Ausbildungsabschluss haben. Gefördert wird das Projekt im Rahmen der ESF-Integrationsrichtlinie Bund, Handlungsschwerpunkt Integration statt Ausgrenzung (IsA).

Warum so viele Menschen am ESF-Projekt der Graefewirtschaft teilnehmen möchten? Weil es sich durch zwei Besonderheiten auszeichnet: Zum einen wird das Projekt von und in einem sozialen Unternehmen durchgeführt. Die Graefewirtschaft GmbH ist ein Unternehmen, das gegründet wurde, um sozialversicherungspflichtige Arbeits- und Ausbildungsplätze für Menschen mit Migrations- und Flüchtlingshintergrund zu schaffen. Nach dem Start als Restaurant und Cateringservice hat sich die Graefewirtschaft inzwischen auf Gemeinschaftsverpflegung spezialisiert. Sie betreibt fünf Produktionsküchen, in denen täglich rund 3.000 frische Mahlzeiten gekocht werden. Das gesunde, frisch zubereitete Mittagessen stößt in Schulen und Kindertagesstätten auf große Nachfrage. Wer zu den Teilnehmenden des Projekts SoFIT gehört, wird in die Betriebsabläufe der Graefewirtschaft integriert und lernt on the job, was man wissen und können muss, um in der Küche, als Ausgabekraft in Schulen und Horten oder als Fahrer zu arbeiten. Nach und nach werden die Teilnehmenden des Projekts SoFIT auf diese Weise zu Mitarbeitenden der Graefewirtschaft aufgebaut.

Dass alle Teilnehmenden die Perspektive einer Festanstellung haben, ist das zweite Wesensmerkmal des ESF-Projekts SoFIT. Nach dem Projektende werden die Teilnehmenden entweder bei der Graefewirtschaft angestellt oder in Partnerunternehmen vermittelt, die qualifiziertes Personal suchen. Für das soziale Unternehmen ist die Festanstellung das oberste Ziel: Der Graefewirtschaft geht es gerade darum, sozialversicherungspflichtige Arbeits- und Ausbildungsplätze zu schaffen. Nur so können die jungen Frauen und Männer ihr Leben unabhängig von Transferleistungen selbst finanzieren. Damit die Teilnehmenden in einer Festanstellung als Küchenhelfer oder Ausgabekraft (in Voll- oder Teilzeit) oder in einer dualen Ausbildung als Köchin bzw. Koch bestehen können, bereitet das Projekt SoFIT sie darauf vor.

Zwei Frauen und ein Mann vor einem Schild
Heike Birkhölzer (links) mit den heutigen Festangestellten Anna und Mohammad. © BMAS

Zum Beispiel Mohammad: Er flüchtete aus Afghanistan nach Deutschland. Bei der Graefewirtschaft kann er sein Potenzial entfalten. Angefangen hat er vor drei Jahren als Küchenhelfer. Schon bald ermutigte die Graefewirtschaft ihn, eine Ausbildung zum Koch zu beginnen. Inzwischen ist Mohammad schon im zweiten Lehrjahr. Mit seiner Lehre ist der Familienvater rundum glücklich: "Einen Beruf zu haben, ist besser, als immer nur Hilfskraft zu sein". Der Aufstieg vom Küchenhelfer zum Koch lohnt sich für beide Seiten. "Mohammad ist ein besonders guter Mitarbeiter, der jahrelang aufgebaut wurde", berichtet Heike Birkhölzer zufrieden.

Drei Köche und eine Köchin
Mohammad (Zweiter von rechts) mit seinen Kollegen aus der Produktionsküche. © Graefewirtschaft

"Meine Chefin hat ein großes Herz", findet Anna aus Kamerun. Die alleinerziehende Mutter hörte über ihre Schwester vom ESF-Projekt SoFIT. Sie ist dankbar für die Chance, die sie hier bekommt. Die Projektteilnahme war für Anna schon nach drei Wochen vorbei, da sie da schon fit für die Arbeit als Ausgabekraft war. Heute ist sie fest angestellt und arbeitet an der Essensausgabe der Rütli Schule in Berlin. Die Arbeit lässt sich ideal mit den Betreuungszeiten ihres Sohnes vereinbaren. Das ist keine Selbstverständlichkeit. Auch Mohammad freut sich darüber, im Gegensatz zu vielen anderen Azubis, die Koch werden, am Wochenende nicht arbeiten zu müssen, sondern Zeit für seine Familie zu haben. Anna und Mohammad - zwei von vielen Teilnehmenden, die dank des ESF-Projekts SoFIT eine Festanstellung gefunden haben. Heike Birkhölzer freut sich: "Beide sind tolle Mitarbeiter geworden, die wir behalten möchten."

Bei der Graefewirtschaft leistet jeder einzelne Mitarbeitende einen wichtigen Beitrag zum Fortbestand des Betriebs. Nur wenn das Essen lecker schmeckt, pünktlich ausgefahren und zeitnah ausgegeben wird, sind die Kunden zufrieden. Das klappt alles ziemlich gut. Derzeit hat die Graefewirtschaft 90 Mitarbeitende. Das Unternehmen wächst weiter. In Zukunft können vielleicht noch mehr Arbeitsplätze geschaffen werden.

Heike Birkhölzer stellte das Projekt SoFIT auch beim Vernetzungstreffen der Projekte aus dem ESF-Programm Integrationsrichtlinie Bund, Handlungsschwerpunkt Integration statt Ausgrenzung, vor. Beim Vernetzungstreffen in Berlin ging es darum, was den besonderen Erfolg der IsA-Projekte ausmacht. Die Träger waren sich einig, dass dieser vor allem auf die individuelle und bedarfsgerechte Unterstützung der bislang rund 7.100 Frauen und Männer, die an IsA-Projekten teilgenommen haben, zurückzuführen ist. Eine weitere Besonderheit von IsA ist die enge Kooperation mit Projekten, die vom Europäischen Hilfsfonds für die am stärksten benachteiligten Personen (EHAP) gefördert werden. Unter Armut leidende Menschen ohne Zugang zu Unterstützungsangeboten werden von EHAP-Projekten an passende Angebote - wie IsA - vermittelt.

Mehr zur Graefewirtschaft: https://graefewirtschaft.org
Mehr zur Integrationsrichtlinie Bund: www.integrationsrichtlinie.de