Erfolgreiche IvAF-Netzwerke aus Nordrhein-Westfalen stellen sich auf einem Fachforum vor
- Datum
- 15.05.2020
Rund 120 Teilnehmende, darunter zahlreiche Unternehmer*innen sowie Vertreter*innen aus Bildung, Wissenschaft und Politik, sind am 9. März der Einladung der zehn "IvAF-Netzwerke" in Nordrhein-Westfalen (NRW) zu einem Fachforum zum Thema "Migrationspaket 2020" gefolgt.

Die "IvAF-Netzwerke" in NRW werden im Rahmen der " ESF-Integrationsrichtlinie Bund " im Handlungsschwerpunkt "Integration von Asylbewerberinnen, Asylbewerber und Flüchtlinge (IvAF)" durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) und den Europäischen Sozialfonds (ESF) gefördert. Seit 2015 begleiten und initiieren die "IvAF"-Projektverbünde regionale Strukturen und Aktivitäten, um die berufliche Integration von Menschen mit Fluchterfahrung zu unterstützen, die zumindest einen nachrangigen Zugang zum Arbeitsmarkt haben.
Erfolgsmodell: "IvAF NRW"
Anaïs Denigot, Referentin im Referat ESF Programmumsetzung/EHAP Verwaltungsbehörde im BMAS, hat auf dem Fachforum beeindruckende Zahlen vorgestellt. Die zehn "IvAF-Netzwerke" in Nordrhein-Westfalen unterstützen aktuell mehr als 12.000 Flüchtlinge, ein Großteil davon ist die wichtige Zielgruppe der 18- bis 27-Jährigen. Menschen aus 95 Nationalitäten sind erreicht worden. Herausragendes Ergebnis: 42 Prozent aller unterstützten Geflüchteten in Nordrhein-Westfalen sind inzwischen erfolgreich in Arbeit, Ausbildung oder in Schulen vermittelt worden. Denigot kündigt an, dass die Förderung der "IvAF Netzwerke" um ein Jahr bis Ende 2021 verlängert werde. Die Fachexpertise der "IvAF"-Berater*innen sei hoch: Alleine in NRW wurden seit 2015 rund 1.400 Mitarbeiter*innen der Arbeitsverwaltung sowie 2.821 Personen aus Unternehmen und weiteren Organisationen, wie z.B. Bildungsträgern, und Ehrenamtliche fachlich geschult.

Lösungsorientiert. Multikulturell. Nachhaltig.
In Kurzpräsentationen zeigten die "IvAF-Netzwerke" aus Nordrhein-Westfalen beispielhaft, wie vielseitig die Förderung Geflüchteter sein kann. Das Kölner Netzwerk " Seiteneinsteigerklassen vernetzt " betreut junge Menschen mit Fluchthintergrund in Schulen. Vorwiegend in Berufskollegs geht es um den Übergang von Schule in den Beruf oder um rechtliche Fragen. In Klassentrainings erfolgt eine Berufsorientierung und eine individuelle Stärkenanalyse. Die passgenaue Beratung und Begleitung ist langfristig angelegt.
Das Münster Netzwerk " Mamba3 " bietet Arbeitsvermittlung durch Einzelgespräche, in denen auch eine realistische Einschätzung der Berufswünsche erfolgt. Die Beratenden nehmen anschließend Kontakt zu Betrieben auf und vereinbaren dort Probe-Arbeitszeiten.
Bei " ELNet plus " steht professionelle Begleitung während der Ausbildung im Mittelpunkt. Unterstützung gibt es für alle Geflüchteten, völlig unabhängig von deren Aufenthaltssituation. Dozenten arbeiten mit den Berufsschülern, lernen mit ihnen Deutsch oder bereiten den Unterricht nach bis zu einem erfolgreichen Ausbildungsabschluss.
Um die in der Heimat erworbenen beruflichen Kompetenzen geht es bei " InCoach ". Die Berater*innen in diesem "IvAF-Netzwerk" setzen einerseits auf die Anerkennung von ausländischen Bildungsabschlüssen in Kooperation mit der IQ Anerkennungsberatungsstelle und andererseits auf den Ausbau vorhandener Vernetzungsstrukturen beispielsweise mit den Berufsverbänden. Durch diese Kooperationen entstehen Zugänge zu Betrieben, die auf diesem Wege aktiv in den Prozess der beruflichen Integration eingebunden werden können.
Einem zunehmend schwierigen Thema widmet sich " Partizipation Fair ". Die Zielgruppe sind Asylbewerber*innen und Flüchtlinge, die aufgrund ihrer schwierigen aufenthaltsrechtlichen Situation sowie der mit der Flucht verbundenen finanziellen Abhängigkeit anfällig dafür sind, Opfer von Menschenhandel, Zwangsarbeit oder Arbeitsausbeutung zu werden. Im Rahmen des Projekts werden ausbeuterische Arbeitsverhältnisse identifiziert und Flüchtlinge über ihre Rechte in dieser Situation aufgeklärt mit dem Ziel, Betroffenen aus ihren ausbeuterischen in reguläre Beschäftigungsverhältnisse zu überführen. Das Projekt "Partizipation Fair" steht in diesem Zusammenhang Betroffenen aus allen "IvAF-Netzwerken" sowie allen "IvAF"-Berater*innen als Ansprechpartner zur Verfügung.
Frauen mit Fluchterfahrung im Fokus
Zum Abschluss wurde die Förderkette für geflüchtete Frauen aufgerollt. "IvAF" ist hier ein wichtiger Impulsgeber und hat landesweit unterschiedliche Angebote entwickelt. " Zukunft Plus " versucht, weibliche Geflüchtete durch Berufsfelderkundung an die Arbeitswelt in Deutschland heran zu führen. Anderenorts ist ein Näh-Café entstanden, in dem beim Plaudern in Deutsch beispielsweise Herzkissen für Brusttumorpatientinnen oder Einkaufstaschen genäht werden.
Berufsmessen wie "KICK OFF IN DEN JOB" in Köln sind weitere Bausteine, um Frauen in den Arbeitsmarkt zu integrieren. "Wir sind lernende Netzwerke, Impulsgeber sowie Multiplikatoren", so Silke Martmann-Sprenger, Projektleiterin von " CHANCE+ ". "Die Idee zur Berufsmesse wurde in Aachen geboren". Bei "CHANCE+" sind zudem ehrenamtliche Frauen im Einsatz, die Brücken bauen für Praktika, Ausbildungen, Honorartätigkeiten und Vollzeitstellen. Von ihren Erfahrungen berichtet Günay Khalilova aus Aserbaidschan. Sie kam 2016 nach Deutschland. Die junge Mutter ist inzwischen im zweiten Teilzeitberufsausbildungsjahr zur Kauffrau für Bürokommunikation. Erst durch die individuelle Begleitung von "CHANCE+" kam der Durchbruch.
Im Projekt " VORTEIL AACHen - DürEN " wird Arbeitsmarktintegration umgesetzt durch Elternsprachkurse, Fachtagungen mit Vorträgen und Thementischen, an denen sich zuletzt 130 Multiplikatorinnen beteiligten. Unter ihnen ist Jasmin Ahmad, Mutter eines dreijährigen Sohns und diplomierte Soziologin aus Syrien. Zuerst war sie in Deutschland als Kinderbetreuerin tätig. Heute leitet sie erfolgreich und engagiert ein Café für zugewanderte Frauen.
Einen ausführlichen Bericht zum Fachforum finden Sie hier.
Hintergrund zum Förderprogramm "Integration von Asylbewerber*innen und Flüchtlingen (IvAF)"
Finanziert werden die "IvAF-Netzwerke" aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) und des BMAS (Förderperiode 2015-2020). Der ESF beschäftigt sich nicht erst seit 2015 mit der Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt. Bereits 2002 ging es um die Integration von Flüchtlingen, damals mit einem Schwerpunkt berufliche Integration im Heimatland. Ab 2008 wurde erstmals ein Arbeitsmarktprogramm für Flüchtlinge in Deutschland auf den Weg gebracht. Im Jahr 2007 wurde eine Bleiberechtsregelung für langjährig Geduldete geschaffen. Doch die Geduldeten sahen sich vor hohe Hürden auf ihrem Weg in Beschäftigung gestellt und konnten ein Bleiberecht nur dann erhalten, wenn sie für ihren eigenen Lebensunterhalt sorgen konnten. Daher wurde 2008 das "ESF-Bleiberechtsprogramm" gestartet. "IvAF" ist heute das finanzstärkste Programm, welches sich ausschließlich um Flüchtlinge kümmert. Es hat Elemente aus dem "ESF-Bleiberechtsprogramm" aufgenommen und weitere Elemente eingebaut. Dazu gehört der zusätzliche Fokus auf die schulische Bildung als Voraussetzung von beruflicher Ausbildung.
Aus dem Programm heraus wurden politische Entscheidungen und Gesetzesänderungen angestoßen: Ausbildung ohne Vorrangprüfung, Bleibeperspektive mit direktem Zugang zum Arbeitsmarkt, ab 2014 die schrittweise Reduzierung der Wartezeit - von zwölf und neun auf drei Monate. Dadurch erhielten die Angekommenen einen schnelleren Zugang zu Beratungsleistungen. Das Integrationsgesetz 2016 brachte unter anderem die "Ausbildungsduldung": Geflüchtete bekommen eine Duldung für die gesamte Dauer der Ausbildung und dann die Erlaubnis, als qualifizierte Fachkraft in ihrem Beruf in Deutschland zu arbeiten. Mittlerweile gibt es bundesweit 40 "IvAF-Netzwerke" mit ca. 300 Teilprojekten, ein Viertel der Projekte sind in Nordrhein-Westfalen verortet. Unterschiedlichste Projekte wurden entwickelt, die den Menschen helfen sollen: Die Spanne reicht von sozialer Begleitung über Kompetenzfeststellungen bis hin zu Anstellungsbegleitung.