JUGEND STÄRKEN im Quartier - Mikroprojekte trotz Corona-Krise

Datum
15.05.2020

Mit Beginn der Kontaktbeschränkungen zur Eindämmung des Coronavirus musste sich auch die Jugendsozialarbeit schnell um- und auf neue Herausforderungen einstellen. Besondere Herausforderungen ergaben sich bei der Umsetzung von Gruppenmaßnahmen wie den sozialraumorientierten Mikroprojekten im ESF-geförderten Programm "JUGEND STÄRKEN im Quartier (JUSTiQ)".

Mikroprojekte zur individuellen Kompetenzförderung und Aufwertung des Quartiers

In rund 100 der insgesamt 160 Vorhaben von "JUGEND STÄRKEN im Quartier" werden neben Einzelfallhilfen auch so genannte Mikroprojekte umgesetzt. Durch die Arbeit in der Gruppe werden in den Mikroprojekten die sozialen Kompetenzen der Teilnehmenden gefördert und Mehrwerte für die benachteiligten Stadtviertel, in denen die Jugendlichen leben, geschaffen. Die jeweilige Ausgestaltung der Projekte orientiert sich an den Bedarfen vor Ort und den Wünschen der jungen Menschen. So wurden in der Vergangenheit beispielsweise Graffiti-, Musik- aber auch Gartenprojekte umgesetzt. In der derzeitigen Krisensituation wurden Mikroprojekte umstrukturiert und neue ins Leben gerufen.

Online-Filmtutorials in Cottbus

In Cottbus wurde das Mikroprojekt "Online Filmtutorial - Für Jugendliche in Quarantäne und Home Schooling" ins Leben gerufen. Ziel des Mikroprojekts ist es, Filmideen zu entwickeln und diese, unterstützt durch Erik Schiesko, den Leiter des Mikroprojekts, umzusetzen. Die Themen für die Filmtutorials können unterschiedlich sein, beispielsweise: "Wie vermeide ich den Lagerkoller?" oder "Wie funktioniert Schule zu Hause?". Die Filme sollen im Anschluss über die Sozialen Medien verbreitet werden und dazu dienen, einander Mut zu machen.

Nachdem das erste digitale Treffen stattgefunden hat, sind die Teilnehmenden positiv gestimmt. Zwar seien unmittelbare persönliche Kontakte immer schöner, aber die Videokonferenzvariante funktioniere gut, so Julius, ein Teilnehmer des Projektes. Auch Annalena, eine andere Teilnehmerin, stimmt zu: "Das erste Tutorial hat sehr viel Spaß gemacht. Mit dem Schneideprogramm sind alle gut klargekommen und erste kleine Aufgaben konnten schon gelöst werden".

Auch Schiesko ist positiv gestimmt: Die technischen Möglichkeiten bieten eine gute Alternative zum unmittelbaren persönlichen Kontakt. Vorteilhaft sei dabei, dass immer nur eine Person sprechen könne und die Teilnehmenden sich gegenseitig nicht ins Wort fallen können, da man einander sonst nicht verstehe. Dies sei den Teilnehmenden zu Anfang zwar schwergefallen, sorge aber für eine ganz neue Form des Respekts untereinander.

Mundschutzmasken für das Quartier in Garbsen/Kronsberg

Auf dem Kronsberg in Garbsen (Region Hannover) wird das Mikroprojekt "Nähtreff Kronsberg" auch in Corona-Zeiten durchgeführt. Das Mikroprojekt startete Anfang des Jahres und bringt junge Frauen mit Fluchthintergrund zusammen, um gemeinsam Startschwierigkeiten zu überwinden und handwerkliche Fähigkeiten zu erlernen.

Um das Mikroprojekt auch jetzt weiterführen zu können, hatten die am Mikroprojekt Beteiligten eine besondere Idee: Die Teilnehmerinnen des Mikroprojektes wurden von den Mitarbeitenden mit Nähmaschinen und allen erforderlichen Nähutensilien, einem Erklär-Video zur Herstellung von Behelfsmasken und einer kleinen Aufmerksamkeit versorgt. Seitdem nähen die Teilnehmerinnen Masken für sich und andere Personen aus dem Quartier. Innerhalb kürzester Zeit stellten die jungen Frauen 70 Masken her, die an Institutionen und Privatpersonen verteilt werden.

Stephan Schwaak, Koordinator des Vorhabens in der Region Hannover, ist begeistert: Das Projekt liefe trotz der Corona-bedingten Anpassungen sehr gut, die beteiligten Akteurinnen seien enorm engagiert und die große Solidarität strahle weit ins Quartier hinein.

Zwei Frauen halten eine Nähmaschine
Übergabe einer Nähmaschine zur Anfertigung von Behelfsmasken in Kronsberg, Region Hannover © Sönke Neuber, JUSTiQ

Selbstgemachte Kosmetik in Dormagen

Im Dormagener Mikroprojekt "Handmade" erlernen die Teilnehmenden, Shampoos, Seifen und Ähnliches herzustellen. Geplant war dieses Mikroprojekt als Präsenzprojekt, kurzfristig wurde nun auf Online-Tutorials umgestellt. Die benötigten Materialien erhielten die Teilnehmenden vorab, die Anleitung erfolgte dann via Videokonferenz.

Laura Rehmet, Mitarbeiterin der Diakonie Rhein-Kreis-Neuss "Die Rübe" erklärte, dass die Onlinepräsenz bei den Jugendlichen gut ankomme und es erste positive Resonanzen in den sozialen Medien gebe. Allerdings gehe mit der Umstellung in die virtuelle Welt viel bisher unbekannte Arbeit einher. Der Aufwand für das Schneiden von Videoclips sowie das Erlernen der Funktionalität der einzelnen Plattformen sei nicht zu unterschätzen. Rehmet betont aber auch die positiven wechselseitigen Effekte, welche zwischen den Mitarbeitenden und den jungen Teilnehmenden entstehen. So können die Jugendlichen ihre Erfahrung und Fachkenntnis im Bereich soziale Medien und Videoarbeit einbringen und machten so eine großartige Selbstwirksamkeitserfahrung. (Der Artikel wurde bereits auf der "JUGEND STÄRKEN" - Internetseite veröffentlicht.)

Mit dem Programm "JUSTiQ", das zu Beginn des Jahres 2019 bereits in die zweite Förderrunde gestartet ist, bündeln das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) und das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) erstmals Mittel des Europäischen Sozialfonds (ESF) in einem gemeinsamen Programm. "JUSTiQ" unterstützt junge Menschen bei der Integration in Schule, Ausbildung, Arbeit und Gesellschaft. Ziel ist es, sie zu aktivieren sowie ihre Kompetenzen und ihre Persönlichkeit zu stärken. Das Programm konzentriert sich räumlich auf Fördergebiete des Städtebauförderprogramms "Soziale Stadt" und weitere benachteiligte Gebiete, in denen die Situation für junge Menschen besonders schwierig ist.

Mikroprojekte stellen einen von insgesamt vier Bausteinen des Programms dar. Sie können ergänzend zur individuellen Einzelfallhilfe angeboten werden. Die in der Regel als Gruppenmaßnahmen konzipierten Projekte sollen Softskills der Teilnehmenden fördern und gleichzeitig einen Mehrwert für das benachteiligte Quartier schaffen.

Weitere Informationen zum Programm "JUGEND STÄRKEN im Quartier" finden Sie auf dem ESF-Webportal sowie auf der Website des BMFSFJ.

Auszug aus dem ESF-Newsletter