Die Ombudsstelle des Haus der Selbständigen in Leipzig nimmt Formen an

Datum
22.06.2022

Wie in jeder (Arbeits-)Beziehung kann es auch zwischen Solo-Selbstständigen und Auftraggeber*innen zu Konflikten kommen. Wichtig ist in einem solchen Fall die Frage, wie sie für beide Seiten zufriedenstellend gelöst werden. Das ist manchmal schwierig, denn einer einvernehmlichen Lösung zwischen Solo-Selbstständigen und Auftraggeber*innen steht oft eine stark ausgeprägte Machtasymmetrie zwischen den Vertragspartner*innen entgegen. Das im Rahmen des ESF-Programms "Zukunftszentren" und durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales geförderte "Haus der Selbstständigen" hat u.a. die Aufgabe eine Ombudsstelle einzurichten, die dabei helfen soll, Konflikte zwischen Solo-Selbstständigen und ihren Auftraggeber*innen zu lösen.

Um eine Vorstellung davon zu entwickeln, wie eine solche Ombudsstelle aussehen könnte, hat das "HDS" zunächst Möglichkeiten der außergerichtlichen Streitbeilegung, wie zum Beispiel Mediationsverfahren, Schlichtungen oder Schiedsstellen, recherchiert und vorhandene Konzepte der Konfliktlösung im Arbeitskontext analysiert. Dazu wurde eine Online-Umfrage durchgeführt, über die wir in der Februar-Ausgabe des ESF-Newsletters bereits berichtet haben. Nach Auswertung der Umfrage wurden nun Solo-Selbstständige und Auftraggeber*innen zu einem Workshop eingeladen, um die Ergebnisse der Umfrage zu diskutieren und gemeinsam der Frage nachzugehen, wie sich Konflikte kompetent und zielführend lösen lassen. Im Zentrum des Workshops standen folgende Fragen:

  • Welche Bedarfe und Erwartungen an eine Konfliktanlaufstelle bestehen seitens der Solo-Selbstständigen und seitens der Auftraggeber*innen?
  • Unter welchen Voraussetzungen und in welchen Situationen würde eine solche Stelle in Anspruch genommen werden?
  • Welchen darüber hinausgehenden Mehrwert könnte eine Ombudsstelle am "HDS" für Solo-Selbständige und Auftraggeber*innen schaffen?

Die Ergebnisse der Online-Umfrage und des Workshops hat das "HDS" nun für einen Wissenspool aufgearbeitet. Hier können sich Solo-Selbstständige in vielfacher Weise über Konflikte und deren Beilegung informieren:

  • Im Glossar finden sich Definitionen und Beschreibungen von Konflikten. Anhand der Materialien lassen sich Konfliktdynamiken analysieren und individuelle Schritte zur Konfliktentschärfung ableiten.
  • Unterstützungsangebote im Bereich Konfliktklärung von Verbänden bzw. Institutionen zur Konfliktlösung sind aufgelistet. Die Angebote stellen Alternativen zu gerichtlichen Verfahren und mögliche Wege der professionalisierten Streitbeilegung dar.
  • In der Mediathek informieren Podcasts aus der Praxis von Solo-Selbstständigen zum Thema Konfliktvermeidung. Außerdem wird das Mediationsverfahren näher vorgestellt.
  • Für Vertragsgestaltungen finden sich Musterklauseln, die helfen können, Konflikte zu vermeiden. Darüber hinaus werden auch Angebote zur Weiterbildung in diesem Themenfeld aufgeführt.

Der Wissensbaustein zur Konfliktklärung im Wissenspool auf der Website wird laufend ergänzt: So arbeitet das "HDS" zurzeit an verschiedenen Weiterbildungsangeboten, die dazu dienen sollen, die Verhandlungsposition von Solo-Selbstständigen zu stärken. Im Workshop wurden dazu konkrete Bedarfe definiert, denn Konflikte können auch Folge von Unklarheiten und Unwissen - auf beiden Seiten - sein. Ziel ist, Weiterbildungsangebote zur Vermeidung von und zum Umgang mit Konflikten anzubieten, die das "HDS" mit kompetenten Partner*innen aus dem Bereich Konfliktmanagement/Mediation erarbeitet, u.a.in Kooperation mit dem Bundesverband Mediation in Arbeit und Wirtschaft. Das Team des "HDS" beabsichtigt, den Wissenspool zeitnah mit Weiterbildungsangeboten zu bestücken.

Das Projekt "Haus der Selbständigen (HDS)"

Das Projekt "Haus der Selbstständigen" der INPUT Consulting gGmbH wird gemeinsam von der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, der Ludwig-Maximilians-Universität München (Institut für Soziologie) und der Universität Kassel (Fachgebiet Wirtschaftsinformatik und Systementwicklung) realisiert. Das "HDS" hat die Förderung der Interessenvertretung von Solo-Selbstständigen zum Ziel. Seit September 2020 verfügt es über eine Begegnungsstätte in Leipzig zur gezielten Unterstützung von Initiativen und Verbänden in den ostdeutschen Bundesländern. Neben der Vernetzung, Beratung von und dem Austausch zwischen Solo-Selbstständigen und ihren Initiativen liegt der Fokus darauf, den Bedarf an Interessenvertretung und dem Wissen über Formen kollektiver Interessenvertretung zu erfassen. Das schließt den Aufbau eines Wissenspools in Form einer frei zugänglichen virtuellen Plattform und die Entwicklung innovativer digitaler Lehr- und Lernangebote mit ein.

Das ESF-Programm "Zukunftszentren - Unterstützung von KMU, Beschäftigten und Selbständigen bei der Entwicklung und Umsetzung innovativer Gestaltungsansätze zur Bewältigung der digitalen Transformation" (kurz: "Zukunftszentren")

Das "Haus der Selbständigen (HDS)" wird im Rahmen des Programms "Zukunftszentren" durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und den Europäischen Sozialfonds gefördert.

Die rapide voranschreitende Digitalisierung und der zunehmend spürbare demografische Wandel verändern unsere Arbeitswelt gravierend. Dies bietet gerade für kleine und mittlere Unternehmen neue Chancen und Wachstumsaussichten. Gleichzeitig besteht ein enormer Anpassungsdruck. In besonderem Maße und schon deutlich früher sind die ostdeutschen Bundesländer mit den Herausforderungen des demografischen und digitalen Wandels konfrontiert. Hier stellt sich die Frage: Wie können Unternehmen und Beschäftigte sowie Selbstständige dabei unterstützt werden, diese Wandlungsprozesse zu meistern? Genau an dieser Stelle kommen die "Zukunftszentren" ins Spiel.

Die "Zukunftszentren" verfolgen einen ganzheitlichen Ansatz: sie richten sich sowohl an Unternehmen und ihre Beschäftigten als auch an Selbstständige, insbesondere Solo-Selbstständige. In jedem ostdeutschen Bundesland ist ein "Regionales Zukunftszentrum" (RZ) entstanden, um die unterschiedlichen Bedarfe der Regionen und Branchen differenziert in den Blick zu nehmen. Das übergeordnete "Zentrum digitale Arbeit", das federführend von Arbeit und Leben Sachsen e.V. betrieben wird, bündelt das Wissen und sorgt für einen bundesweiten Austausch. Mit dem "Haus der Selbstständigen" werden Informationen zur Gründung von Interessenvertretungen und zu selbstregulierenden Verfahren für Solo-Selbstständige und Plattformbeschäftigte bereitgestellt.

Qualifizierung im Betrieb neu denken und erproben
Mit dem Programm "Zukunftszentren" unterstützt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales die ostdeutschen Bundesländer gezielt dabei, die großen Veränderungsprozesse, die sich beispielsweise aus der Entwicklung Künstlicher Intelligenz ergeben, zu bewältigen und vor allem sozial zu gestalten. Qualifizierung im Betrieb soll neu gedacht und erprobt werden - immer mit dem Ziel, die Selbstlern- und Gestaltungskompetenz zu fördern. Mit innovativen Konzepten zur Weiterbildung im Betrieb sollen beispielsweise digitale Kompetenzen in Unternehmen gefördert werden. Denn Digitalisierung verändert die Tätigkeiten und Anforderungen in allen Berufen.

Weitere Informationen zum Programm finden Sie hier.

Auszug aus dem ESF-Newsletter