"rückenwind³"-Praxistransfer zum Thema "Selbstorganisation"
- Datum
- 14.04.2025
Der Begriff "Selbstorganisation" gewinnt auch in Veränderungsprozessen von Organisationen und Verbänden der sozialen Arbeit eine immer größere Bedeutung. Im ESF Plus-Programm "rückenwind³" entwickeln und erproben Unternehmen der Sozialwirtschaft Modelle und Methoden des agilen Arbeitens und der Selbstorganisation. Was bedeutet das in der Praxis?
Als "Selbstorganisation" wird eine Organisationsform bezeichnet, bei der die Führungsaufgaben ins Team integriert werden. Die Vision dabei ist: Mitarbeitende leiten sich selbst, strukturieren ihren Arbeitsalltag und werden ermutigt, Entscheidungen selbst zu treffen und danach zu handeln.
Ansätze der Selbstorganisation kommen in vielen Gewändern daher: agile Methoden, Scrum, Soziokratie, Management 3.0 etc. Alle fördern ein neues kulturelles Selbstverständnis der (Zusammen-)Arbeit in der betreffenden Organisation.
Wie das gelingen kann, darüber diskutierten Ende 2024 drei "rückenwind³"-Projekte in einer Online-Veranstaltung.
Das Projekt "agilWAS? - weiter mit rückenwind³" legt den Fokus auf die Motivierung von Mitarbeitenden und entwickelt praxisnahe Tools innerhalb agiler Prozesse. Judith Merhout und Cornelia Schmidt leiten das Projekt. Ihre Erfahrung zeigt, dass es vor allem auf Nutzer*innen-zentrierte Kommunikation ankommt. "Man muss nicht jedem Schritt das Motto 'Agilität' geben. Viele Kolleg*innen schreckt das ab. Das Vorgehen sollte in erster Linie zum Arbeitskontext passen", so Schmidt. Selbstorganisiertes Lernen setze voraus, die Verteilung von Aufgaben im Team regelmäßig zu betrachten, damit bei dieser Arbeitsform das Engagement aller Mitarbeiter*innen genutzt werden kann, betont Merhout. Ihr Praxistipp: Einrichtung eines "Teamkontos". Dies besteht aus zwei Spalten "Einzahlen/Abheben". Jede*r Mitarbeiter*in kann hier dokumentieren, was er/ sie ins Team hineingibt und wovon er/ sie profitiert. Gemeinsam kann der "Kontostand" dann reflektiert werden.
Das Projekt "Zukunftsorientierte Soziale Arbeit" nimmt die Dezentralisierung von Führungsstrukturen in den Blick. Grundlage ist eine zirkuläre, selbstorganisierte Struktur. Entscheidungen werden von den Teams selbst getroffen, die diese auch umsetzen müssen. Unterstützt werden die Teams durch eine "Servicestruktur" mit den Bereichen Finanzen, Geschäftsführung, Personal oder IT. Damit das funktioniert, reflektiert das Unternehmen stetig die Prozesse und Regeln, auf denen die Zusammenarbeit fußt. "Das braucht immer viel mehr Zeit, als gedacht", betont Simone Bräuchle, Projektverantwortliche beim Projektträger interkular und ergänzt: "Wir haben uns in diesem Jahr sehr viel Raum genommen, um gemeinsam Strukturen und Prozesse zu bauen". Ihr Praxistipp: Regelmäßige Supervision und viel, viel Kommunikation. "Nur, wenn alle die gleichen Voraussetzungen im Wissen haben, können Entscheidungen gemeinsam getroffen werden."
Beim Projekt "Upgrade - Fit für die Zukunft!" entwickelt der Träger seine Selbstorganisation stetig weiter, um ein möglichst hohes Maß an Arbeitszufriedenheit zu erreichen. Höchstes Entscheidungsgremium ist die Mitarbeitendenversammlung, die einzelnen Arbeitsbereiche arbeiten weitgehend autonom, die Geschäftsführung (GF) arbeitet ehrenamtlich. Ein sechsköpfiges "Evolutions-Team" unterstützt die GF in Kommunikations- und Entscheidungsprozessen: agil, rollenbasiert und begleitet durch eine externe Beraterin. Michael Wilhelm, Geschäftsführer: "Wenn alle an wichtigen Entscheidungen beteiligt sind, braucht es transparente Prozesse, viel Information und ein gemeinsames Verständnis von Kommunikation". Sein Praxistipp: Neue Abstimmungsformate, bei denen im Konsent-Verfahren geprüft wird, ob ein Vorschlag abgelehnt wird oder Kompromisspotenzial hat.
Das ESF-Programm "rückenwind³ für Vielfalt, Wandel und Zukunftsfähigkeit in der Sozialwirtschaft" (kurz: "rückenwind³")
Das Programm "rückenwind³" wird durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) und die EU über den Europäischen Sozialfonds Plus gefördert. Das Programm zielt auf die Fachkräftesicherung in sozialen Berufs- und Arbeitsfeldern. Gefördert werden Modellvorhaben der Personal- und Organisationsentwicklung und des Kulturwandels in gemeinnützigen Organisationen und Unternehmen der Sozialwirtschaft. "rückenwind³" wird in der ESF Plus-Förderperiode 2021-2027 in enger Partnerschaft des BMAS und der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege e.V. (BAGFW) umgesetzt. Eine externe Regiestelle in der BAGFW koordiniert die Programmumsetzung.
Weitere Informationen zum Programm "rückenwind³" finden Sie auf dem ESF-Webportal sowie auf der Programmwebsite "rückenwind³".
Kontakt: regiestelle@bag-wohlfahrt.de