ESF Plus-Projekt "WisPE" unterstützt Unternehmen bei der Sicherung von Erfahrungswissen und Kompetenzvermittlung

Datum
19.08.2025

Wie viele Industriezweige steht die Fertigungsindustrie vor Herausforderungen wie Fachkräftemangel, rasanten Entwicklungen in Wertschöpfungssystemen, demografischem Wandel und hoher Bereitschaft zum Arbeitgeberwechsel. Dies führt zum Verlust von Erfahrungswissen und steigert die Bedeutung effizienter Kompetenzvermittlung. Um diesen Herausforderungen zu begegnen, verfolgt das Verbundprojekt "Wissensbasierte Produktionshilfe beruhend auf bild- und sensorbasierter Externalisierung von Erfahrungswissen" ("WisPE") eine innovative Strategie zur Externalisierung von Erfahrungswissen und intelligenten Kompetenzvermittlung.

Illustration
Visualisierung des Projektzieles - Externalisierung des Erfahrungswissens von Fachleuten und Weitergabe an Neulinge © Fraunhofer Institut IPA

Wissenstransfer für neue Mitarbeitende

Im Wissensmanagement unterscheidet man u.a. zwischen explizitem und implizitem Wissen. Explizites Wissen, wie z.B. Betriebsdaten oder Faktenwissen, kann in Dokumenten oder Datenbanken abgelegt werden und ist problemlos übermittelbar und übertragbar. Implizites Wissen liegt dagegen nur in den Köpfen der Mitarbeitenden vor und ist von subjektiven Entscheidungen und Intuitionen geprägt. Hier setzt das Projekt an, in dem es personengebundenes Wissen und Kompetenzen mithilfe intelligenter Verarbeitungsalgorithmen und Sensorik "externalisiert" gezielt weitergeben und verfügbar machen will.

Zu diesem Zweck entwickelt das Projekt "WisPE" seit Juli 2024 eine wissensbasierte Produktionshilfe, die darauf abzielt, dass neue Mitarbeitende möglichst ohne großen Zeitaufwand von erfahrenen Fachkräften Kompetenzen erwerben können. Für die bestmögliche Kompetenzvermittlung sollen das Erfahrungswissen der Fachleute gebündelt werden und feine Unterschiede in der Anwendung, die den Menschen oft unbewusst sind, aber maßgeblich zum Erfolg des Unternehmens führen, einbezogen werden.

Durch eine automatisierte Externalisierung können Expert*innen ihr Wissen teilen, ohne dabei übermäßig in Anspruch genommen zu werden. Die Vermittlung dieses Wissens wird kombiniert mit einem Feedback, welches das System der Produktionshilfe an die Werker*innen gibt, die mit der Produktionshilfe arbeiten. So können die Werkprozesse effizient und nachhaltig erlernt und die gesamte Produktion gestärkt werden.

Beteiligt an dem Projekt sind die Pumacy Technologies AG, ein Anbieter für Wissens-, Innovations- und Prozessmanagement, das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung, die MaTec Gummiwerke GmbH, die Entwicklungspartner und Lieferant für Gummiformteile ist, sowie das Unternehmen WS Wieländer+Schill GmbH&Co. KG, das Karosserie-Spezialwerkzeuge herstellt und verkauft.

Der Mensch im Mittelpunkt

Das Projekt "WisPE" setzt auf ein enges Zusammenspiel von Mensch und System. Aus diesem Grund sind die Bedürfnisse der Mitarbeitenden entscheidend für den Erfolg der Produktionshilfe. Für ein tiefes Verständnis dieser Bedürfnisse wurden zu Beginn datenbasierte Analysen durchgeführt. Hierzu wurden Mitarbeitende aus der KFZ-Branche (Wieländer+Schill GmbH &Co. KG) und der Kunststoffindustrie (MaTec Gummiwerke GmbH) einbezogen. Diese Assessments bilden die Grundlage für das Anforderungsprofil im Projekt. Dascha Karelina, Leiterin der Bedürfnisanalyse, betont: "Durch diesen kooperativen Prozess stellen wir sicher, dass die Lösung den tatsächlichen Anforderungen der Mitarbeitenden entspricht. Dies fördert die Akzeptanz des entwickelten Systems."

Technologie als Schlüssel zur Verbesserung

Im Projekt kommen sowohl Kameras als auch "Inertial Measurement Units" - Sensoren, die Bewegungsmuster aufnehmen - zum Einsatz. Die Tätigkeiten werden durch die Sensorik erfasst; anschließend werden die erhobenen Daten im Hinblick auf den Fertigungsprozess datenschutzkonform durch Algorithmen interpretiert und bewertet.

Das Projekt soll über den aktuellen Stand der Technik hinausgehen und neue Anwendungsfelder eröffnen. Aktuell ist die Anforderungsanalyse abgeschlossen und die konzeptionellen sowie technischen Grundlagen sind erarbeitet. Bis Mitte 2026 werden die Konzepte prototypisch umgesetzt und an ausgewählten Anwendungsfällen der Partnerunternehmen evaluiert.

Eine Person am Arbeitsplatz mit technischem Gerät
Einblick in die Bedürfnisanalyse - Probandin mit Eyetracking-Technologie beim Projektpartner WS Wieländer+Schill © Wieländer+Schill

Die Zukunft im Blick

"Mit 'WisPE' wollen wir sicherstellen, dass der Wissenstransfer in der Produktion effizienter erfolgt, um die Qualität der Einarbeitung zu verbessern und dem Abgang von Erfahrungswissen entgegenzuwirken", erklärt Katrin Bomball von Pumacy.

Das Projekt "WisPE" setzt damit ein starkes Signal für alle Branchen, den Wissenstransfer neu zu gestalten, um den Herausforderungen des Fachkräftemangels und Verlust von wertvollem, unternehmensspezifischen Wissen erfolgreich begegnen zu können.

Das ESF Plus-Programm "Zukunft der Arbeit"

Das Projekt "WisPE" wird im Rahmen des Programms "Zukunft der Arbeit" durch das Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR) und die Europäische Union über den Europäischen Sozialfonds Plus gefördert.

Das Programm greift die Herausforderungen auf, die für Unternehmen (insbesondere KMU) und Menschen durch Strukturwandel, Technisierung und zunehmende Globalisierung in der Arbeitswelt entstehen, und lädt Unternehmen und Forschungseinrichtungen ein, mit innovativen Forschungsprojekten aktiv die Zukunft unserer Arbeitswelt mitzugestalten. Ziel des Programms ist es, technologische und soziale Innovationen gleichermaßen voranzubringen. Dazu sollen neue Modelle der Qualifizierung, der resilienten Wertschöpfung, der Arbeitsgestaltung und -organisation in und mit Unternehmen entwickelt und als Pilotprojekte in die betriebliche Praxis überführt werden. Gefördert werden Projekte, die sich mit der Einführung neuer oder bestehender Technologien und den Auswirkungen für die Mitarbeitenden aller Ebenen im Unternehmen beschäftigen. Dabei liegt der Fokus besonders auf branchenübergreifenden und interdisziplinären Projekten.

Weitere Informationen zum Förderprogramm "Zukunft der Arbeit" finden Sie auf dem ESF-Portal sowie auf der Programmwebsite des BMFTR.

Auszug aus dem ESF-Newsletter