Futurum M-V: Mit einer Pflegeausbildung in eine sichere berufliche Zukunft
- Datum
- 29.05.2018
"Ausgrenzungserfahrene" ist nicht nur ein negatives Kunstwort. Viel entscheidender ist, dass eine Ausgrenzungserfahrung bei den Betroffenen oft langfristige Auswirkungen hat, die - erst einmal verfestigt - nur schwer wieder aufzubrechen ist. Futurum M-V versucht, diesen Menschen zu helfen, ihnen persönliche wie berufliche Perspektiven aufzuzeigen.
Die Personen sind im Alter von 18 bis 35 Jahre und waren aufgrund von unterschiedlichen Hemmnissen bislang chancenlos, einen Job oder Ausbildungsplatz zu bekommen oder zu behalten. Zur Gruppe zählen u.a. alleinerziehende junge Eltern und junge Menschen mit geringem Schulerfolg. Die Hemmnisse können verschiedene Gründe haben, die z.B. in der besonderen Lebenslage liegen können oder durch eine spezielle Zuwanderungsgeschichte geprägt sind. Aber allen Projektteilnehmenden ist gemeinsam, dass sie von anderen Angeboten der Ausbildungs- und Arbeitsförderung nicht erreicht werden konnten.
Futurum M-V bietet diesem Personenkreis die Möglichkeit, eine Ausbildung zur staatlich anerkannten Kranken- und Altenpflegehelferin bzw. zum staatlich anerkannten Kranken- und Altenpflegehelfer zu absolvieren. Diese sozialpädagogisch intensiv begleitete schulische Ausbildung hat zwei klare Vorteile: 1. kann in der Pflege nicht nur beruflich Fuß gefasst werden, sondern 2. können sich auch Qualifikations- und Aufstiegsmöglichkeiten anschließen.
Vor dem eigentlichen Ausbildungsbeginn erhalten die Teilnehmenden die Möglichkeit, sich im Rahmen eines mehrwöchigen Vormoduls in der Pflege praxisnah zu erproben. In Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen wird Neues kennengelernt und Kompetenzen trainiert. Für Nicht-Muttersprachler wird ergänzend eine fachbezogene Sprachbildung angeboten.

Die schulische Ausbildung dauert im Anschluss 18 Monate. Neben dem theoretischen Unterricht an der staatlich anerkannten Pflegeschule der genres e.V. (Gesellschaft für nachhaltige Regionalentwicklung und Strukturforschung) absolvieren die Teilnehmenden mehrere Ausbildungspraktika. Diese finden in regionalen Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen statt. Mehr als 80 dieser Einrichtungen sind Kooperationspartner des Projekts. Darunter befinden sich inhabergeführte ambulante Pflegedienste, Pflegeheime in verschiedener Trägerschaft, kleinere Krankenhäuser und große vollversorgende Lehrkrankenhäuser der Universität Greifswald.

Bereits während des Vormoduls haben die Teilnehmenden die Chance, potentielle Arbeitgeber von sich zu überzeugen. Einigen Teilnehmenden wurde schon während der ersten Praxiseinsätze ein Arbeitsplatz nach der Ausbildung angeboten. Ebenso wurde die Möglichkeit offeriert, sich nach erfolgreichem Abschluss der Ausbildung berufsbegleitend zur Fachkraft weiter zu qualifizieren. Das zeigt: Gute Pflegekräfte werden händeringend gesucht und gefördert.
Mohammed Zia Hayafi aus Afghanistan hat die Leitung des Neubrandenburger DRK-Pflegeheims Oberbachzentrum schon während des Vormoduls von sich begeistert. Die Pflegeeinrichtung schloss mit ihm einen Ausbildungsvertrag ab. Mohammed Hayafi ermöglicht dies eine Zukunft in der Region in einem zu ihm passenden Beruf.

Herr Hayafi war ein "Musterpraktikant", wie Katrin Klatt (Abteilungsleiterin für Sozialarbeit beim Deutschen Roten Kreuz (DRK) in Neubrandenburg) erzählt. "Er sieht alles, macht alles, ist fleißig und pünktlich."
Die Pflegearbeit an sich, das Waschen oder Essenanreichen, der Kontakt zu den Pflegebedürftigen bereiten Mohammed Hayafi Spaß. Er meistert die Arbeit ohne Berührungsängste. Schwierigkeit bereitete ihm, laut eigener Aussage, die Sprache. Nicht immer habe er verstanden, was die Pflegebedürftigen zu ihm sagten, und auch sie hätten manchmal Probleme, ihn zu verstehen. Um diese Schwierigkeiten zu beheben, den Lernerfolg zu stärken und das Sprachniveau bei den Nicht-Muttersprachlern weiter auszubauen, wird erfolgreich ausbildungsbegleitender Fachsprachenunterricht angeboten. Alle Teilnehmenden des Projekts erhalten bei Bedarf fachlichen Stützunterricht und, wenn nötig, weitere passgenaue Hilfen. Sozialpädagogen begleiten sie schon vom ersten Tag an, um gemeinsam Lösungen für Problemsituationen zu finden. Das ist wichtig, damit die Ausbildung nicht wegen Schwierigkeiten im individuellen oder familiären Alltag in Gefahr ist.
Das kann geschehen, wenn z. B. Kinderbetreuungsangebote fehlen oder Kinder Alleinerziehender erkranken. Mit den dann entstehenden Fehlzeiten steht die Zulassung zur staatlichen Prüfung in Frage. Die Nachlernmöglichkeiten im Rahmen des Projekts verhindern erfolgreich den Abbruch der Ausbildung. Für die Teilnehmenden, die Schule und die Betriebe wird der Weg zum Ziel zwar etwas länger, aber weiterhin gemeinsam beschritten.
Um Futurum M-V umzusetzen, wird eng mit den zuständigen Jobcentern zusammengearbeitet. Andreas Wegner, Geschäftsführer des Jobcenters Mecklenburgische Seenplatte Süd, ist vom Konzept überzeugt: "Futurum M-V spricht Menschen an, die beim Einstieg in Ausbildung und Arbeit eine besondere Unterstützung benötigen. Individuelle Beratung und Hilfe, auch über die eigentliche Qualifizierung hinaus, für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, eine enge Einbindung von Arbeitgebern und eine gute Zusammenarbeit mit dem Jobcenter - das sind Voraussetzungen, um nachhaltig bei der beruflichen Integration zu unterstützen. Futurum ist hier gut aufgestellt und erfolgreich! So können wir gemeinsam berufliche Alternativen erschließen und zur Deckung des Bedarfs am Arbeitsmarkt beitragen."
Den involvierten Unternehmen und Einrichtungen bietet Futurum M-V über den gesamten Ausbildungszeitraum Begleitung und Beratung in der Arbeit mit der Zielgruppe und interveniert in Konfliktsituationen. Mit dieser Rückenstärkung durch Projektmitarbeitende rückt die Futurum-Zielgruppe stärker in das Blickfeld regionaler Unternehmen und die Ausbildungs- und Beschäftigungschancen für nicht "ganz einfache" Lernende erhöhen sich.
Betriebsorientierte Bildungsangebote, die auf den Ausbau von Vielfalts-Kompetenz der berufspädagogisch Handelnden abzielen, tragen unternehmensseitig dazu bei, personelle und kulturelle Vielfalt als Ressourcen und Potenziale wahrzunehmen, die gezielt genutzt werden können. So werden Praxisanleiterinnen bzw. Praxisanleiter ausgebildet, die als Lehrende in den Pflegeeinrichtungen tätig sind. In dieser Ausbildung stellt Inter- und Transkulturalität einen Themenschwerpunkt dar, der für das pflegerische Handeln bei einer vielfältig zusammengesetzten Patientenschaft, aber auch bei bunter werdender Zusammensetzung der Schülerinnen und Schüler sowie der Belegschaft wichtig ist.
Das Projekt Futurum M-V wird im Rahmen der Integrationsrichtlinie Bund, Handlungsschwerpunkt "Integration statt Ausgrenzung" durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und den Europäischen Sozialfonds gefördert.
Interessierte im Alter von 18-35 Jahren mit Wohnsitz in der Region Mecklenburgische Seenplatte und Vorpommern Greifswald sowie Unternehmen, die ihre offenen Stellen mit der Projektzielgruppe besetzen wollen (regionale Chancengeber) können sich wenden an:
genres e.V. - Futurum M-V
Helmut-Just-Str.4
17036 Neubrandenburg
Telefon: 0395-5707220
E-Mail: buettner@genres-mv.de
Weitere Informationen zum Projekt finden Sie hier.
Das Projekt Futurum M-V wird als Projektverbund im östlichen Mecklenburg- Vorpommern in den Landkreisen Mecklenburgische Seenplatte und Vorpommern-Greifswald realisiert. Der Lead-Partner genres - Gesellschaft für nachhaltige Regionalentwicklung und Strukturforschung - setzt das Projekt gemeinsam mit den Teilprojektpartnern Witeno GmbH und AdW GmbH um. genres wirkt seit 15 Jahren in den Bereichen Bildung, Partizipation und Gesundheit mit Angeboten, die sich gegen Ausgrenzung stellen und darauf abzielen, Benachteiligungen zu beheben und eine Erwerbsteilhabe und somit Perspektive in Mecklenburg-Vorpommern zu ermöglichen. |