Zwei Physiotherapeuten für Niedersachsen

Datum
11.09.2019

Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten sind begehrt - nicht nur bei Patienten, die z.B. nach Unfällen Unterstützung bei der Mobilisierung benötigen, sondern auch bei Arbeitgebern. Der Bedarf ist so groß, dass "Physiotherapie" zu den sogenannten "Mangelberufen" gehört, d.h. die Bundesagentur für Arbeit hat festgestellt, dass es nicht ausreichend Fachkräfte in diesem Bereich gibt, so auch in Niedersachsen.

Statistik der Bundesagentur für Arbeit
© Statistik der Bundesagentur für Arbeit, Stand: Dezember 2018

Seit Januar dieses Jahres gibt es allerdings zwei Fachkräfte mehr: Frau Jaber und Herrn Haidar. Beide konnten mit Hilfe des IQ Netzwerks ihre Anerkennung als Physiotherapeuten erreichen und somit ab sofort wieder Patientinnen und Patienten unterstützen.

Das Ehepaar aus Syrien wurde zunächst bei der IQ Anerkennungs- und Qualifizierungsberatungsstelle in Osnabrück über das Anerkennungsverfahren informiert. Dort erfuhren sie, dass für Physiotherapeuten eine offizielle Anerkennung der ausländischen Qualifikation ein unerlässlicher Schritt ist, um in Deutschland in ihrem erlernten Beruf tätig zu werden. Wie in Gesundheitsfachberufen üblich, benötigt man grundsätzlich eine staatliche Erlaubnis, um die Berufsbezeichnung in Deutschland führen und den Beruf ohne Einschränkung ausüben zu dürfen. Bei einem im Ausland erworbenen Abschluss überprüft die zuständige Stelle dessen Gleichwertigkeit mit dem entsprechenden deutschen Abschluss und stellt fest, wie groß die Übereinstimmungen sind bzw. wo eventuell noch Nachholbedarf herrscht.

Frau Jaber und Herr Haidar kamen aufgrund des Kriegs in Syrien 2015 nach Deutschland. Beide hatten an der Health Science Institution in Damaskus ihre Ausbildung zur Physiotherapeutin/zum Physiotherapeuten erfolgreich absolviert und auch schon über 15 Jahre Berufserfahrung sammeln können. Im Juni 2016 suchte das Paar das erste Mal die IQ Anerkennungs- und Qualifizierungsberatungsstelle in Osnabrück auf. Zu diesem Zeitpunkt musste die Beratung noch auf Englisch stattfinden. Nachdem Frau Jaber und Herr Haidar Sprachkurse besucht und ihre Unterlagen vorbereitet hatten, stellten sie im Oktober 2017 den Antrag auf Anerkennung bei der zuständigen Stelle, dem Landesamt für Soziales, Jugend und Familie. Nachdem noch ein paar Dokumente nachgereicht worden waren, hielten sie im April 2018 den Bescheid des Landesamts in den Händen, mit der Auflage, entweder eine Kenntnisprüfung oder einen Anpassungslehrgang zu absolvieren.

An dieser Stelle kam das Einzelqualifizierungsprojekt des "IQ Netzwerks Niedersachsen" ins Spiel, an das die Beratungsstelle in Osnabrück Frau Jaber und Herr Haidar verwies, um eine passgenaue Bildungseinrichtung zu finden und die finanzielle Förderung sicher zu stellen. Mit den Ludwig Fresenius Schulen in Osnabrück konnte schnell ein passender Bildungsträger gefunden werden, der die Kenntnisprüfung im Bereich Physiotherapie nicht nur durchführt, sondern auch darauf vorbereitet. Frau Jaber und Herr Haidar konnten dazu von September bis Dezember 2018 am Unterricht teilnehmen. Im Anschluss schafften beide bereits im ersten Versuch erfolgreich die Prüfung.

Wenig später war es dann soweit: Im Januar dieses Jahres bekamen Frau Jaber und Herr Haidar ihre endgültigen Bescheide über die volle Gleichwertigkeit ihres Abschlusses vom Landesamt für Soziales, Jugend und Familie. Seitdem können sie nicht nur wieder ohne Einschränkung in ihrem alten Beruf arbeiten und Patientinnen und Patienten aktiv unterstützen, sondern sie helfen auch dabei, den Mangel an Physiotherapeuten ein kleines bisschen zu reduzieren. Ihr Durchhaltevermögen und Engagement haben sich also gleich aus mehreren Perspektiven gelohnt.

Herr Haidar am Arbeitsplatz
Herr Haidar am Arbeitsplatz © RKW Nord GmbH/IQ Netzwerk Niedersachsen

Das Förderprogramm "Integration durch Qualifizierung (IQ)" arbeitet seit 2005 an der Zielsetzung, die Arbeitsmarktchancen für Menschen mit Migrationshintergrund zu verbessern. Von zentralem Interesse ist, dass im Ausland erworbene Berufsabschlüsse - unabhängig vom Aufenthaltstitel - häufiger in eine bildungsadäquate Beschäftigung münden.

Das in allen 16 Bundesländern mit etwa 330 Teilprojekten aktive Förderprogramm IQ hat sich in den vergangenen Jahren als wichtige Adresse für Zugewanderte und Geflüchtete erwiesen, die eine Arbeitsmarktintegration anstreben. Es wird durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) und den Europäischen Sozialfonds (ESF) gefördert. Partner in der Umsetzung sind das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und die Bundesagentur für Arbeit (BA).

Weitere Informationen zum Förderprogramm "Integration durch Qualifizierung (IQ)" stehen auf dem ESF-Portal sowie auf der Website des Programms.