Mit Workcamps und Datenbank: grüne Jobs für Weltretter

Datum
29.10.2020

Umweltrestaurationsplaner*in, Wasserressourcenspezialist*in, Brennstoffzellentechniker*in oder Fisch- und Wildhüter*in - wer bei der Jobsuche nach "grünen" Berufen Ausschau hält, stößt auf eine erstaunliche Vielfalt an Berufsprofilen. Sie reichen von "klassisch" (z.B. Bio-Bäcker) bis "zeitgeistig" (z.B. Urban Grower für eine Landwirtschaft mitten in der Stadt). Über 350 solcher grünen Berufe sind in der Jobdaten-Bank des BBNE-Projekts " Yes, You Can! Green Up Your Future " zu entdecken.

Die Jobdatenbank ergänzt die interaktiven Weltretter-Workcamps, die von BIOKON - der Forschungsgemeinschaft Bionik-Kompetenznetz e.V. in der Nähe von Berlin - veranstaltet und durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit und den Europäischen Sozialfonds gefördert werden. Die Jobdatenbank steht auch allen anderen Interessierten zur Verfügung.

Vom Ausprobieren und Erleben zum grünen Traumjob

Im Projektzeitraum 2020 bis 2022 erleben jeweils 16 Teilnehmer*innen (unter Corona-Hygienebedingungen auf acht beschränkt) im Alter von 18 bis 22 Jahren in einer ehemaligen Fischerei am Grimnitzsee auf spielerische Weise Greening-Potenziale in Jobs mit Zukunft: vier Tage konzentrierte Auseinandersetzung mit einer strukturierten, erlebnispädagogisch geführten Suche nach dem ganz persönlichen, grünen Traumjob. Stefanie Matt war dabei: "Mir war wirklich nicht bewusst, dass in so vielen Berufen grüne Ansätze stecken. Der Umweltschutz liegt mir wirklich am Herzen und mein Plan ist es, wahrscheinlich nächstes Jahr an die grüne Hochschule nach Weihenstephan-Triesdorf zu gehen", berichtet die Abiturientin nach ihren Workcamp-Erfahrungen.

Ein Gruppenfoto
V.l.n.r. Nele Hüneke, Carolin Veits, Maria Dill, Felicia Ludwig (in der Hocke), Victoria Stübing. Die Teilnehmerinnen mit drei der sechs "RIASEC-Helden" des Teams Bionica: Ilyas, der investigative Forscher, Sekou, der medizinisch ausgebildete, sozialkompetente Teamplayer und Ritsu, die Handwerkerin mit einem Händchen für Selberbauen, Konstruieren und Reparieren. © BIOKON

Auch Leo Schick zieht eine positive Bilanz seiner Teilnahme: "Dass ich mein Berufsleben mit dem Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen auf unserem Planeten verbinden will, wusste ich vorher schon. Über die Green-Up-Your-Future-Jobdatenbank weiß ich jetzt aber auch, wie unglaublich breit die Möglichkeiten bei der Jobauswahl sind. Das macht die Entscheidung für mich zwar nicht unbedingt einfacher, eröffnet mir aber ganz neue Möglichkeiten, meine persönlichen Interessen dann auch in meinem künftigen Beruf wiederzufinden. Für mich ist das ein echter Motivationsschub."

Raus aus der persönlichen Komfortzone und erfahren, was alles in einem steckt

"Welcher Job passt zu welcher Persönlichkeit und zu welchem Talent? Das waren zentrale Fragestellungen für die Konzeption unserer Workcamps", berichtet BIOKON-Geschäftsführer Dr. Rainer Erb. Die sechs Workcamp-Module, die über die Faszination Bionik miteinander verbunden sind, orientieren sich bei den Antworten am Interessensmodell von John L. Holland. Der amerikanische Psychologe hatte darin aus arbeits- und organisationspsychologischer Sicht die menschlichen Interessen und Neigungen in sechs Schwerpunkte unterteilt: RIASEC - Realistic, Investigative, Artistic, Social, Enterprising und Conventional, also die handwerkliche, forschende, künstlerische, soziale, unternehmerische oder organisierende Neigung. "Indem die Teilnehmer*innen Aufgabenstellungen aus ganz unterschiedlichen Perspektiven angehen, lernen sie, sich nicht nur innerhalb der eigenen, bekannten Interessen zu bewegen, sondern gezielt auch die persönlichen Komfortzonen zu verlassen, um sich so neue Denk- und Handlungsoptionen zu erschließen", sagt Workcamp-Veranstalter Dr. Erb.

Eine Gruppe Jugendliche mit einem Mikroskop
V.l.n.r Carolin Veits, Nele Hüneke (von vorn), Victoria Stübing (am Mikroskop), Maria Dill. Unter dem Mikroskop wird das Leben im Wassertropfen untersucht. Die Proben haben die Workcamp-Teilnehmerinnen zuvor in Wathosen aus dem Grimnitzsee geholt. © BIOKON

Den Rahmen dafür steckt eine sogenannte Earth Challenge, die auf einer überaus spannenden, fiktiven Weltretter-Story basiert. Darin erfahren die Teilnehmer*innen durch die Faszination Bionik und durch praktisches Ausprobieren in unterschiedlichsten Handlungsfeldern eigene, unter Umständen vorher gar nicht für möglich gehaltene Fähigkeiten und Fertigkeiten. Diese weisen ihnen die Richtung bei der Orientierung hin zu Berufen mit Greening-Potenzial.

Eine Frau sägt ein Brett
Nele Holzmann hat im handwerklichen Modul alles ausprobiert und dabei zum ersten Mal mit einer Stichsäge gearbeitet © BIOKON

Eine Frau beim Basteln
Stefanie Matt baut aus verschiedenen selbstgewählten Materialien einen adaptiven Greifer nach dem Vorbild des Fin Ray-Effects®, inspiriert von der Schwanzflosse eines Fisches. © BIOKON

Mit einem Interessensfilter zu über 350 grünen Berufsprofilen

Diese im RIASEC-Interessenmodell begründete "Mechanik" der Workcamp-Module greift auch die Green-Up-Your-Future-Jobdatenbank auf. Über eine Filterfunktion können die User*innen ihre Suche gemäß ihren eigenen Interessen und Vorlieben eingrenzen. Zum Beispiel indem sie ihre handwerklichen oder technischen Neigungen in den Vordergrund rücken oder ihre favorisierten Berufseinstiege benennen (Ausbildung, Universitäts- oder Hochschulstudium oder bereits eine konkrete Berufsausrichtung).
Auch Jobprofile für Menschen mit Behinderungen sind darüber zu finden. "Wir wollen jungen Leuten in der Berufsorientierung mit der Jobdatenbank Richtungen und über 350 vielversprechende Jobprofile aufzeigen, sind dabei aber ganz bewusst keine Stellenbörse", betont Rainer Erb. Dies sei Aufgabe der Jobcenter oder von "Green-Up-Your-Future"-Partnern wie green-energy-jobs.net oder Jobverde.de

Greening im Blick: Szenarien für die eigene berufliche Zukunft entwerfen

Im Vordergrund, so der BIOKON-Geschäftsführer, stünden in den Weltretter-Workcamps vielmehr die Auseinandersetzung mit Fragen der Nachhaltigkeit, der planetaren Grenzen und eigener Handlungsoptionen im jeweiligen persönlichen Umfeld. "Auf diese Weise beginnen die jungen Erwachsenen Szenarien für die eigene persönliche Zukunft zu entwerfen. Und sie erhalten einen Kompass, der sie auch mit Hilfe unserer Jobdatenbank auf dem Weg zu einem grünen Job mit Zukunft leiten kann."

Felicia Ludwig hat viel für sich aus ihrer Workcamp-Teilnahme mitgenommen: "Der eigenen Kreativität sind beim Ausprobieren unterschiedlicher Fertigkeiten und Fähigkeiten keine Grenzen gesetzt. Ich entdecke gerade ganz neue berufliche Perspektiven im Nachhaltigkeitsbereich für mich. Das macht Lust auf Zukunft."

Das Projekt wird im Rahmen des ESF-Bundesprogramms " Berufsbildung für nachhaltige Entwicklung befördern. Über grüne Schlüsselkompetenzen zu klima- und ressourcenschonendem Handeln im Beruf - BBNE " durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit und den Europäischen Sozialfonds gefördert.

Wer im beruflichen Alltag im Sinne nachhaltiger Entwicklung handeln möchte, braucht entsprechende Kompetenzen, Fertigkeiten und Wissen. Für dieses "Greening" der Berufe beziehungsweise der Arbeitswelt sensibilisiert das Programm "BBNE".

Fördergelder werden für Projekte bereitgestellt, die in der zweiten Förderrunde mit den zwei Formaten Workcamps und Schulungsmodule es ermöglichen, in verschiedene Berufe hinein zu schnuppern und zeigen, wie nachhaltiges Handeln im beruflichen Alltag möglich ist.

Bis 2019 haben rund 4.900 Personen an den Projekten des BBNE teilgenommen. Weitere Informationen zum Förderprogramm "BBNE" finden Sie auf dem ESF-Portal.

Auszug aus dem ESF-Newsletter