Untersuchung "Nutzung und Akzeptanz virtueller Formate im Förderprogramm IQ"

Datum
07.02.2023

Unter den Bedingungen der Pandemie war auch das Förderprogramm "Integration durch Qualifizierung (IQ)" herausgefordert, viele seiner Angebote in den Bereichen Beratungen und Qualifizierungen auf virtuelle Formen wie Videokonferenzen, Lernmanagementsysteme, soziale Medien und E-Mail umzustellen. Schon frühzeitig signalisierten die Zuwendungsgeber des Programms Interesse an den Potenzialen dieser digitalen Herausforderung, um auch über das Ende der Pandemie hinaus Aussagen zur Nutzbarkeit virtueller Angebote für Menschen mit Migrationshintergrund zu erhalten. Vor diesem Hintergrund erfolgte die Untersuchung "Nutzung und Akzeptanz virtueller Formate im Förderprogramm IQ", deren Ergebnisse nun vorliegen. Die Untersuchung zeigt: Die herausfordernde Umstellung auf digitale Formate in "IQ" ist geglückt und es sind zudem erhebliche Potenziale für die Programmumsetzung erkennbar.

Das Untersuchungsdesign

Vor der Pandemie hat das Förderprogramm die meisten seiner Beratungs- und Qualifizierungsangebote in Präsenz erbracht. Pandemiebedingt waren zeitweise Beratungen vor Ort für die Ratsuchenden und Qualifizierungen bei den Teilprojektträgern nicht möglich. Auch standen Kooperationspartner wie die Agenturen für Arbeit, Jobcenter und andere Beratungseinrichtungen, die für die Zuweisung von Ratsuchenden und Teilnehmer*innen wichtig sind, zunächst nicht oder nur eingeschränkt zur Verfügung. Es mussten neue Formen und Wege entwickelt werden, um die Zielgruppe zu erreichen und anzusprechen. Unter diesen Bedingungen gab es für das Programm "IQ" die Notwendigkeit, aber auch die Chance, virtuelle Systeme und Instrumente der Kommunikation und Kollaboration einzusetzen und auszuprobieren. Die Untersuchung sollte daher aufzeigen, wie die Umstellung auf virtuelle Formen im Programm erfolgte, in welcher Form digitale Werkzeuge genutzt wurden, wo deren Potenziale und Hürden liegen und wie die Akzeptanz bei den verschiedenen Zielgruppen aussah. Im Fokus standen unter anderem die Angebote des Programms in der Anerkennungs- und Qualifizierungsberatung und Beratung zur Fairen Integration sowie bei den Qualifizierungsmaßnahmen, jeweils für Personen mit ausländischen Abschlüssen.

Zur Untersuchung der Fragestellungen fanden im Zeitraum vom 01.03. bis 30.09.2021 verschiedene quantitative und qualitative Erhebungen statt. Einbezogen wurden Personen, die virtuelle Angebote des Programms nutzten und die "IQ" Teilprojekte, die die Angebote erbrachten.

Die Formen der Beratungs- und Qualifizierungsangebote im Vergleich

Bei den Beschäftigten in den "IQ" Projekten führte der Einsatz der digitalen Systeme und Instrumente zu einem erheblichen Kompetenzaufbau, so dass im Verlauf der Pandemie zunehmend mehr Angebote in digitaler Form erbracht werden konnten. Bereits im ersten Halbjahr 2021 lag in den drei Untersuchungsfeldern der Anteil zwischen 35 und 45 Prozent.

Die digitalen Systeme und Tools veränderten die Form und Inhalte der Angebote: Bei der Anerkennungs- und Qualifizierungsberatung für Personen mit ausländischen Berufsabschlüssen nahm die persönliche Beratung bei den Erstberatungen deutlich zugunsten virtueller Formen ab. Die Beratungen wurden vermehrt per E-Mail und Video (virtuelle Beratung) durchgeführt (siehe Abbildung 1).

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Abbildung 1: Zahl der Erstberatungen der Anerkennungs- und Qualifizierungsberatungen und Entwicklung der Beratungsformen © f-bb gGmbH 2021, eigene Darstellung

Bei der Fairen Integration mit ihren Beratungsangeboten zu arbeits- und sozialrechtlichen Fragen wurden vor der Pandemie gut 20 Prozent aller Ratsuchenden persönlich beraten. Mit Beginn der Pandemie ging auch hier die persönliche Beratung kontinuierlich zurück und lag im Jahr 2020 noch bei einem Viertel aller Erstberatungen. Dafür nahmen die telefonische Beratung mit gut 40 Prozent und die Beratung via Videocall mit einem Viertel deutlich zu (vergleiche Abbildung 2).

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Abbildung 2: Zahl der Erstberatungen Faire Integration und Entwicklung der Beratungsformen © e-bb 2021

Bei Qualifizierungen im Kontext des Anerkennungsgesetzes nutzten etwa ein Drittel der Projekte die Lernmanagementsysteme und überarbeiteten die Didaktik ihrer Lernkonzepte und Materialien dafür. Im Verlauf der Pandemie änderten sich die Anteile von Präsenz und virtuell stark: Waren im ersten Halbjahr 2020 noch acht Prozent aller Qualifizierungen rein virtuell, lag der Anteil an rein virtuellen Qualifizierungen im ersten Halbjahr 2021 bereits bei 29 Prozent. Ebenso hatte sich der Anteil an Qualifizierungen, die zu über 50 Prozent virtuell stattfanden, in der Pandemie erhöht: von zehn Prozent im ersten Halbjahr 2019 auf 24 Prozent im ersten Halbjahr 2021 (siehe Abbildung 3).

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Abbildung 3: Eintritte in Qualifizierungen des HSP 2 - Qualifizierungen im Kontext des Anerkennungsgesetztes - und Qualifizierungsformen © f-bb gGmbH 2021, eigene Darstellung

Die Teilnehmer*innenzahlen und Zielgruppen im Vergleich

Die Teilnehmer*innenzahlen der Anerkennungs- und Qualifizierungsberatungen und Qualifizierungen lagen - nach einem anfänglichen Einbruch - im ersten Halbjahr 2021 nahezu wieder auf dem Niveau vor der Pandemie (siehe Abbildungen 1 und 3). Im Bereich der Fairen Integration war das Beratungsaufkommen mit Beginn der Pandemie deutlich gewachsen, vor allem im ersten Halbjahr 2020 um fast die Hälfte des Vorhalbjahres (siehe Abbildung 2). Über die digitalen Angebote konnten bestimmte Zielgruppen wie Personen aus ländlichen Regionen, Frauen mit Betreuungsaufgaben und Beschäftigte besser erreicht werden. Hier bieten virtuelle Formate durch ihre Ortsungebundenheit und die Möglichkeit der asynchronen Wissensvermittlung deutliche Vorteile, vorausgesetzt, die entsprechenden technischen Voraussetzungen und ein leistungsstarker Internetzugang auf Seiten der Teilnehmer*innen sind vorhanden. Ein abschließender Blick auf die Akzeptanz von virtuellen Formaten bei den "IQ" Zielgruppen zeigt, dass in der Anerkennungs- und Qualifizierungsberatung und bei den Qualifizierungen diese sehr hoch war, während in der Fairen Integration aufgrund der Sprachkompetenzen und der vertraulichen Themen eher Präsenzberatung bevorzugt wurde.

Die Ergebnisse der Untersuchung von virtuellen Formaten in "IQ" ergaben zusammenfassend, dass digitale Formate erhebliche Potenziale für die Umsetzung des Förderprogramms bieten. Eine Abwägung der Mischung oder der jeweiligen Anteile von virtuell und in Präsenz sollte vor allem im Hinblick auf die konkrete Situation der Zielgruppen und die Ziele der Angebote erfolgen.

Ein Bericht fasst die Untersuchung und deren Ergebnisse zusammen. Dort finden Sie auch "IQ" Good Practice-Beispiele zur virtuellen Umsetzung in den drei Programmbereichen sowie Ergebnisse zur programminternen Nutzung virtueller Formate. Zum Download der Untersuchung gelangen Sie hier.

Das Förderprogramm "IQ"

Das Förderprogramm "Integration durch Qualifizierung" ("IQ") arbeitet seit 2005 an der Zielsetzung, die Arbeitsmarktchancen für Menschen mit Migrationshintergrund zu verbessern. Das in allen 16 Bundesländern aktive Förderprogramm "IQ" hat sich in den vergangenen Jahren als wichtige Adresse für Zugewanderte und Geflüchtete erwiesen, die eine Arbeitsmarktintegration anstreben.

"IQ" wird im Rahmen der ESF Plus-Förderperiode fortgesetzt. Ziel der neuen "IQ" Richtlinie ab 2023 ist es, in Deutschland lebende Menschen ausländischer Herkunft dahingehend zu unterstützen, dass sie einer qualifizierten Erwerbstätigkeit in Deutschland nachgehen und dabei ihre vorhandenen
Kompetenzen einbringen können. Im Kern geht es um Beratungsangebote zur Anerkennung, Qualifizierung und Fairen Integration, um Qualifizierungsangebote - auch virtuelle und überregionale - zum Erreichen einer vollen Gleichwertigkeit von aus dem Ausland mitgebrachten Berufsabschlüssen, um Coaching und Begleitung bis zur Aufnahme einer bildungsadäquaten Erwerbstätigkeit sowie um die Sichtbarmachung nonformaler und informeller Kompetenzen. Des Weiteren werden Akteure der Arbeitsmarktintegration von Menschen ausländischer Herkunft und Akteure im Bereich der Fachkräftesicherung adressiert und durch Beratungs- und Schulungsangebote unterstützt. Hierzu gehören beispielsweise Unternehmen, die Arbeitsplätze mit Menschen ausländischer Herkunft besetzen möchten, die Bundesagentur für Arbeit (BA), die Länder, die Kommunen oder auch Migrantenselbstorganisationen. Das Programm wird durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und dem Europäischen Sozialfonds gefördert. Partner in der Umsetzung sind das Bundesministerium für Bildung und Forschung und die BA.

Weitere Informationen zum Förderprogramm "Integration durch Qualifizierung" ("IQ") finden Sie auf dem ESF-Portal sowie auf der Website des Programms.

Auszug aus dem ESF-Newsletter