Hybride Wertschöpfung - Sach- und Dienstleitungen erfolgreich integrieren

Datum
22.06.2022

Am 22. März 2022 fand die Abschlusstagung der ESF-Fördermaßnahme "Zukunft der Arbeit: Arbeit in hybriden Wertschöpfungssystemen" statt. Knapp 90 Teilnehmende aus Unternehmen, Verbänden, Politik und Wissenschaft verfolgten das Veranstaltungsprogramm zu Schlüsselthemen hybrider Wertschöpfungssysteme. Gemeint sind damit Formen der Wertschöpfung, die auf die Verbindung von greifbaren Sachgütern und immateriellen Dienstleistungen zu neuen, digitalen Geschäftsmodellen abzielen. Nutzt eine Heizungsfirma auf ihrer Website einen Online-Konfigurator, können potenzielle Kunden die Anlage sowie passende Kauf- oder Mietmodelle auswählen. Dies erleichtert die sonst häufig zeitraubende Angebotserstellung. Durch die Implementierung von Ferndiagnose- und Fernwartungsservices ist ein kosten- und ressourcenschonender Betrieb möglich und es können ggf. frühzeitig Ausfallwarnungen gesendet werden. Diese enge Verzahnung von Industrieprodukten und innovativen Dienstleistungen, auch "Hybridisierung" genannt, ist ein Zukunftsthema, das den Erfolg von Unternehmen maßgeblich beeinflussen wird.

Die Unternehmen stellt dies vor besondere Herausforderungen: Neue hybride Geschäftsmodelle sowie die Zusammenarbeit in komplexen Netzwerken haben Auswirkungen auf bestehende Abläufe und sind Auslöser von Veränderungsprozessen.
Im Forschungsschwerpunkt "Arbeit in hybriden Wertschöpfungssystemen" des ESF-Programms "Zukunft der Arbeit" sollten übertragbare Werkzeuge und Modelle für eine humane Gestaltung und Organisation der Arbeit in diesen neuen Wertschöpfungssystemen entwickelt werden. Dazu gehörte beispielsweise die Befähigung der Beschäftigten, in digital verbundenen Unternehmensnetzwerken und veränderten Unternehmen-Kunden-Beziehungen zu arbeiten.

Hybride Wertschöpfungssysteme erfordern digitale Strukturen, agile Prozesse und entsprechende Kompetenzen entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Besonders inspirierend für die Praxis waren die auf der Abschlussveranstaltung anschaulich präsentierten Leuchtturmprojekte sowie die beiden Keynotes, die Mut für eine gelingende digitale Transformation im deutschen Mittelstand machten. "Nun muss nur noch der Transfer der Ergebnisse in die breite Praxis und die gesellschaftliche Diskussion gelingen" unterstrich Dr. Henning Krassen, Fachreferent im Referat 521 "Zukunft von Arbeit und Wertschöpfung; Industrie 4.0" (BMBF) in seinem Grußwort.

Person bedient virtuellen screen
Hybride Wertschöpfungsketten © Bosch Rexroth

Sechs Verbundprojekte (ABILITY, AgilHybrid, AnGeWaNt, HyValue, IMPRESS, SmartAIwork) aus dem Förderschwerpunkt "Zukunft der Arbeit: Arbeit in hybriden Wertschöpfungssystemen" stellten in insgesamt 14 Sessions ihre Ergebnisse vor.

Der Erfolg neuer Geschäftsmodelle ist zunehmend davon abhängig, dass Unternehmen neue Formen der Produktentwicklung und Arbeitsorganisation etablieren, die die Zusammenarbeit über Unternehmensgrenzen hinweg ermöglichen. Damit erklärt sich die erfolgreiche Umsetzung digitaler Geschäftsmodelle nicht nur aus der Perspektive technischer Machbarkeit, sondern steht immer auch in Verbindung zu Fragen guter Führung aufseiten des Managements, der digitalen Kompetenzen aufseiten der Beschäftigten sowie einer humanen Gestaltung und Organisation von Arbeit.

Konkret zeigen dies die Projektergebnisse von HyValue anhand einer digitalen Plattform, die es Zulieferern in der Automobilindustrie erlaubt, kollaborativ im Wertschöpfungssystem zu entwickeln und eben gerade nicht hierarchisch. Dies folgt dem Leitmotiv "gemeinsam mehr erzeugen" und macht Mitarbeitende zu Kollaborationsexperten, so Dr. Alexander Ziegler (Institut für Sozialwissenschaftliche Forschung München). Auch im Projekt SmartAIwork wird die Verbindung zwischen technischer und sozialer Innovation deutlich. So macht das Projekt für die Entwicklung einer KI-basierten Sachbearbeitung ersichtlich, dass Automatisierungspotenziale von Künstlicher Intelligenz (KI) erst dann zum Tragen kommen können, wenn eine symbiotische Interaktion zwischen KI und (menschlicher) Sachbearbeitung gelingt.

Dass auch die digitalen Kompetenzen der Beschäftigten sowie der Führungskräfte für die Entwicklung und Umsetzung digitaler Geschäftsmodelle entscheidend sind, war die Kernbotschaft des Projekts ABILITY. Ziel des Projekts war es, ein ganzheitliches Befähigungssystem zu entwickeln, das in einer personalisierbaren Lernumgebung Qualifizierungs- und Befähigungsmodule für den Transformationsprozess zu neuen Geschäftsmodellen hybrider Wertschöpfung zur Verfügung stellt.

In den beiden Projekten AgilHybrid und AnGeWaNt wurde anhand konkreter Geschäftsmodelle die Arbeit mit sogenannten Smart Services veranschaulicht.

Messgeräte und Baufahrzeuge
Hybride Wiegeleistungen an Nutzfahrzeugen © PFREUNDT

Die Potenziale des digitalen Wandels im Bereich der Wiegeleistung von Nutzfahrzeugen blieben zunächst ungenutzt (AnGeWaNt) und es bedurfte einer Neugestaltung von Geschäftsmodellen und Arbeitsprozessen bei Herstellern und Anwendern, um die Auswertung von Einsatzdaten oder digitale Unterstützungsleistungen für die Ferneichung anbieten zu können. Das Projekt AgilHybrid nutzt Smart Services für die Entwicklung einer passgenauen Lehr- und Lernplattform für die Haustechnik.

Im Vortrag des Projektverbunds IMPRESS wurde deutlich, wie entscheidend es gerade für mittelständische Unternehmen ist, in der Transformation zum Smart Service-Anbieter durch ein geeignetes Instrumentarium unterstützt zu werden. Das Projekt entwickelte daher praktische Tools, die u.a. typische Mitarbeiterkompetenzen oder Wertschöpfungsschritte beschreiben und sich von Produktionsunternehmen in ihrem Transformationsprozess nutzen lassen.

Eine Podiumsdiskussion rundete die informative und gleichzeitig kurzweilig moderierte Tagung mit der Frage nach den wichtigsten Fähigkeiten für die Umsetzung von digitaler Veränderung ab. Die Wunschliste für diese "Superkräfte" war hier naturgemäß lang. Am prägnantesten waren die beiden Botschaften eines "fail forward" - also eines "nach vorne Scheiterns" - und die Erkenntnis, dass anwendungsorientierte Forschungsprojekte gerade für mittelständische Unternehmen Raum schaffen, um jenseits des Tagesgeschäfts die digitale Transformation der Arbeitswelt erfolgreich voranbringen zu können.

Weiterführende Informationen zu den Projektergebnissen aus den Verbundvorhaben IMPRESS sowie HyValue finden Sie in diesem und dem kommenden Newsletter.

Das Programm "Zukunft der Arbeit"

Die Forschungs-und Entwicklungsprojekte der Fördermaßnahme "Zukunft der Arbeit: Arbeit in hybriden Wertschöpfungssystemen" werden im Rahmen des Programms "Zukunft der Arbeit" vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und dem Europäischen Sozialfonds (ESF) gefördert. Das Programm greift die Herausforderungen auf, die für Unternehmen (insbesondere KMU) und Menschen durch Strukturwandel, Technisierung und zunehmende Globalisierung in der Arbeitswelt entstehen, und lädt Unternehmen und Forschungseinrichtungen ein, mit innovativen Forschungsprojekten aktiv die Zukunft unserer Arbeitswelt mitzugestalten. Ziel des Programms ist es, technologische und soziale Innovationen gleichermaßen voranzubringen. Dazu sollen neue Modelle der Qualifizierung, der Gesundheitsprävention, der Arbeitsgestaltung und -organisation in und mit Unternehmen entwickelt und als Pilotprojekte in die betriebliche Praxis überführt werden. Dabei liegt der Fokus besonders auf branchenübergreifenden und interdisziplinären Projekten.

Weiterführende Informationen zum Programm "Zukunft der Arbeit" finden Sie auf dem ESF-Webportal sowie auf der Programmwebsite des BMBF.

Auszug aus dem ESF-Newsletter